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Dorfläden: Selbst aktiv werden!

Der Dorfladen als neuer Mittelpunkt

Viele ländliche Gemeinden stehen vor dem gleichen Problem: Bäcker und Metzger haben geschlossen, die letzte Gastwirtschaft hat aufgegeben. Die jungen Menschen wandern in die Stadt ab, trotz günstiger Mieten und Immobilienpreise zieht es nur wenige Familien zurück aufs Land. Der demografische Wandel tut sein Übriges. Aber es gibt eine Gegenbewegung: In immer mehr Dörfern ergreifen Bürger und Kommunen die Initiative, wieder mehr Leben ins dörfliche Geschehen zu bringen – und sie damit aufzuwerten und attraktiver zu machen. Im Zentrum stehen dabei Dorfläden. An erster Stelle geht es um die Nahversorgung mit Lebensmitteln auch für weniger mobile Menschen. Aber Dorfläden haben viel mehr Potenzial: Sie können ein zentraler Ort der Begegnung und des nachbarschaftlichen Austauschs werden, zudem eine Anlaufstelle für viele Serviceleistungen und sie können die regionale Wertschöpfung stärken. Voraussetzung ist, dass sich genügend Bürger für „ihren Dorfladen“ engagieren – und das Konzept stimmt.

Inzwischen gibt es eine Reihe gelungener Dorfladen-Projekte, von deren Erfahrungen neue Initiativen profitieren können. Außerdem erleichtern kommunale Förderungen sowie Landes- und EU-Mittel die Gründung und den Betrieb von „Dorfläden von Bürgern für Bürger“.

Dorfladen Freden / Leine

Dorfläden sind der neue Mittelpunkt in ländlichen Regionen. Hier kann man nicht nur einkaufen. Vielmehr bieten die Dorfläden einen Treffpunkt für den Austausch untereinander.

Schon weit vor der Tür des Dorfladens in Freden ist das Stimmengewirr zu hören. Herzhaftes Lachen dringt nach draußen. Drinnen, rings um den gemütlichen Stammtisch, sitzen die Kartoffelfreunde Freden. Wie jeden Samstag treffen sie sich im Dorfladen. Das war nicht immer so in der kleinen Gemeinde im Kreis Hildesheim. Denn auch Freden ging es so, wie vielen anderen Gemeinden in Deutschland: Immer mehr Menschen, vor allem junge Leute, zieht es in die Städte. Die Auswirkungen der Urbanisierung sind bekannt: Der Altersdurchschnitt in ländlichen Regionen steigt seit Jahren gegenüber den geburtenstarken Städten deutlich an. Nicht selten haben die letzten Betreiber von Geschäften aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben.

„Wir können lang und breit über den demografischen Wandel diskutieren und uns beklagen. Viel wichtiger ist es jedoch, dass wir selbst aktiv werden und dieser Entwicklung etwas entgegensetzen”, erklärt Fredens Bürgermeister Wolfgang Heimann. Der Dorfladen existiert seit 2016. Heimann: „Neben dem Einkauf legen wir viel Wert auf Kommunikation und Meinungsaustausch. Unser Dorfladen übernimmt quasi auch die soziale Rolle einer Gastwirtschaft.”

Mittel gegen die Strukturschwäche

Dorfläden, wie in Freden, sind mittlerweile ein probates Mittel gegen die aufkommende Veränderung auf dem Land.

Im Avacon-Gebiet gibt es solche Läden zum Beispiel auch in Radbruch (Landkreis Lüneburg), in Flegessen (Landkreis Hameln-Pyrmont), Deersheim (Landkreis Harz) oder in Diesdorf (Altmarkkreis Salzwedel). Der Dorfladen in der 700-Einwohner-Gemeinde Deersheim öffnete im November 2016. „Vier Jahre zuvor hatte bei uns der letzte Laden dicht gemacht”, erklärt Ortsbürgermeister Wolfgang Englert. Das Besondere an dem Laden, der in einem Gutshofgebäude Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs anbietet: Es handelt sich dabei um ein Genossenschaftsprojekt, das von den Einwohnern selbst angeschoben wurde. Wolfgang Englert: „Viele Dorfbewohner haben mit angepackt und sind dabei als Gemeinschaft wieder enger zusammengerückt. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist ein Vorzeigeprojekt entstanden, auf das wir wirklich stolz sein können.”  

Grant Hendrik Tonne, MdL und Bürgermeister von Leese, und Avacon-Kommunalreferent Bernd Heckmann (v. r. n. l.) besuchen den Dorfladen in Leese.

Laden mit Café für Jung und Alt

Bereits im Februar 2015 startete der Dorfladen in Leese in der Samtgemeinde Mittelweser im Landkreis Nienburg / Weser. Auch hier werden kommunikativer Austausch und Einkauf auf angenehme Weise miteinander verknüpft. „Unser Dorfladen bietet etwa 2.000 verschiedene Produkte. In das Projekt sind 40.000 Euro Eigenkapital der Leeser Bürgerinnen und Bürger geflossen”, erzählt Bürgermeister Grant Hendrik Tonne, Mitglied des Niedersächsischen Landtags und Vorsitzender des Dorfladen-Vereins.

Avacon berät energetisch

Im Dorfladen Leese ist neben einem angeschlossenen Café, einer DHL-Station, einer Reinigungs-Annahmestelle auch ein Lieferservice untergebracht. Im Mai 2017 statteten Energie-Experten der Avacon dem Dorfladen einen Besuch ab und nahmen das Gebäude unter die Lupe. Das Ergebnis: Für den Dorfladen Leese empfehlen die Avacon-Experten eine PV-Anlage auf dem Dach. Durch die Kühlgeräte im Dorfladen sind die Betriebskosten recht hoch. Mit dem selbst produzierten Sonnenstrom könnte der Dorfladen künftig seine Betriebskosten deutlich reduzieren.

Der Dorfladen in Deersheim ist zu neuen Mittelpunkt des Dorflebens geworden.

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur unterstützt den Trend Dorfladen. Im Rahmen des Modellvorhabens „Langfristige Sicherung von Versorgung und Mobilität in ländlichen Räumen“ wurde 2016 das Projekt „Dorfzentrum 2.0“ aus der Taufe gehoben. 

„Das Modellprojekt unterstützt die Kommunen im Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur. Wir begleiten diesen Prozess mit Workshops. Unser Augenmerk liegt dabei unter anderem darauf, wie Betroffene zu Beteiligten gemacht werden können. Das dies klappt, haben die Genossenschaftsmodelle der Dorfläden gezeigt”, erläutert Dr. Karin Janssen vom Eduard Pestel Institut, dessen Schwerpunkte auch in der Regionalentwicklung liegen.

Nachgefragt!

Grant Hendrik Tonne, MdL, Bürgermeister von Leese und Vorsitzender des Dorfladen-Vereins

Warum werden Dorfläden gegründet?

Meist, damit sich auch weniger mobile Menschen mit Grundnahrungsmitteln versorgen können. Doch das war bei uns in Leese nicht einmal ausschlaggebend: In unserer 1.700-Einwohner-Gemeinde gibt es zwei Bäckereien, zwei Fleischereien, Blumenläden, eine Tankstelle, Gaststätten und einen rollenden Verkaufswagen.

Was hat da dann gefehlt?

Bei einer Bürgerbefragung wünschten  sich 80 Prozent mehr regional erzeugte Produkte bei der Nahversorgung. Regionalität ist auch ein Grund, warum der „Dorfladen Leese“, den engagierte Bürger im Februar 2015 eröffneten, so gut funktioniert: Hier gibt es sogar Kaffee, Brot und Wein als „Leeser Dorfladen“-Hausmarke. Die Bürger identifizieren sich damit.

Der Dorfladen bietet auch ein Café und freies WLAN…

Ja, das Café ist ein Treffpunkt geworden, und viele surfen dort auch im Internet. Jeden Mittwoch gibt es inzwischen einen Mittagstisch. Für den Dorfladen gilt: Das Angebot wird den Kundenwünschen angepasst. Ich bin gespannt, was wir dort in Zukunft anbieten werden!

Dorfladen

Tipps für Kommunen zum Thema Dorfläden

Fördermittel für Dorfläden

Die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt halten Fördermittel zur ländlichen Entwicklung bereit. Niedersachsen hat diese Mittel in 2016 auf 80 Millionen Euro aufgestockt. Ein Förderschwerpunkt sind Dorfläden.

Hinzu kommen Fördertöpfe der EU für die ländliche Entwicklung. Die Mittel können für schlüssige Dorfladen-Konzepte ebenfalls über die zuständigen Länderministerien beantragt werden.
Zum einen sind das „Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung“ (ZILE-Richtlinie) der Europäischen Union. Zum anderen sind das Mittel im Rahmen des oben bereits erwähnten LEADER-Förderprogramms der EU.

LEADER will Menschen in ländlichen Gebieten dabei unterstützen, Projekte zur Entwicklung ihrer Region umzusetzen. LEADER ist die Abkürzung für „Liaison Entre Actions de Développement de l’Économie Rurale“, zu Deutsch: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“. Grundidee von LEADER ist es, Akteure aus verschiedenen Bereichen – von der Kommune über die Wirtschaft bis hin zu Vereinen und Privatpersonen – zusammenzubringen, um gemeinsam die Entwicklung ihrer Region voranzubringen. In jeder Region entscheidet eine Lokale Aktionsgruppe (LAG) auf Grundlage eines gemeinsam erarbeiteten Regionalen Entwicklungskonzeptes (REK), für welche Projekte die LEADER-Fördermittel eingesetzt werden sollen. Ein Regionalmanagement unterstützt die LAG und die regionalen Akteure dabei, Projektideen zu konkretisieren und die Fördermittel zu beantragen. Dazu gehören ausdrücklich „Projekte zur Entwicklung der Dorfinnenbereiche, der Bau eines neuen Dorfladens durch Umnutzung einer Scheune, Restaurierungen und Umnutzung von historischen Gebäuden“, wie es das niedersächsische Landwirtschaftsministerium auf seiner Website schreibt.

Gut beraten

Beratung zur Projektierung und Gründung von Dorfläden vermittelt die Bundesvereinigung multifunktionaler Dorfläden (BmD). Es hat sich herausgestellt, dass der direkte Austausch mit den Betreibern erfolgreicher Dorfläden die beste Initialberatung bietet, weil neue Initiativen dabei von den gemachten Erfahrungen profitieren und Umwege sowie Fehler vermeiden können. Unter dorfladen-netzwerk.de findet sich eine Zusammenstellung von Dorfläden nach Bundesländern geordnet mit Kurzcharakterisierungen und Kontaktdaten.

Dorfladen Handbuch

Außerdem gibt der BmD ein zuletzt 2015 aktualisiertes „Dorfladen-Handbuch“ heraus. Es enthält viele Tipps unter anderem zur Entwicklung eines Dorfladen-Konzepts, zur Kosten- und Finanzierungsplanung, zu Problemen und deren Lösung sowie Erfahrungsberichte.

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