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Nachhaltig im Wandel

Beliebt und mit hoher Zustimmung wiedergewählt: Maren Wegener ist seit sieben Jahren Bürgermeisterin in Lengede, hier im Gespräch mit Avacon Kommunalreferent Ralf Baumgarten. © Ralf Büchler

Erst die Vision, dann eine frische Idee: In Lengede hat Maren Wegener als Bürgermeisterin viele Entwicklungen angestoßen. Zum Beispiel das neue Ärztehaus, entstanden in kommunaler Regie.

Frau Wegener, Ihre Wiederwahl 2021 war ein großer Vertrauensbeweis: Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrer Arbeit für Lengede für die kommunale Entwicklung?

Unter vielen wichtigen Dingen möchte ich insbesondere hervorheben: Lengede ist geburtenstark. Wir haben seit sechs Jahren stark in die frühkindliche Bildung investiert, in Kinderkrippen und Kindergärten. Das macht die Kommune so attraktiv. Zudem engagieren wir uns im Klimaschutz, um den Klimawandel zu bestehen, zum Beispiel haben wir viele Bäume gepflanzt. Des Weiteren erhalten wir unsere Tradition. Das „Wunder von Lengede“ jährt sich 2023 zum 60. Mal und ist vielen älteren Bürger:innen noch lebhaft in Erinnerung. Wir wissen, dass wir aus einer stark durch Landwirtschaft und Bergbau geprägten Vergangenheit kommen, und wollen eine lebendige und attraktive Infrastruktur für Lengede schaffen. Dass aus dem Gebäude der Bergbauverwaltung eine Kindertagesstätte mit 105 Betreuungsplätzen werden konnte, ist ein schönes Zeichen für diesen Wandel und die Zukunft.

Hilft den Mangel der ärztlichen Versorgung auf dem Land zu beseitigen: das neue Ärztehaus. © Ralf Büchler

Auch für viele Auswärtige ist das Ärztezentrum in kommunaler Regie etwas ganz Besonderes. Wie funktioniert das?

Schon seit meinem Amtsantritt ist das eine große Aufgabe. Zwei Zahlen verdeutlichen das: Hier leben rund 2.700 Menschen unter 18 Jahren – aber wir haben seit sechs Jahren keinen Kinderarzt mehr. Mit einer vielfältigen kreisfreien Großstadt wie Salzgitter mit ihren vielen Regionen und Kulturen lässt sich das gar nicht vergleichen. Trotzdem hat das kleine Lengede etwas gewagt – viele hielten meine Idee damals für ziemlich waghalsig. Die Kommune hat einen ehemaligen Supermarkt erworben und in ein Ärztehaus umgewandelt. Zu stemmen war das nur mit viel lokaler Unterstützung und großzügiger Förderung des Landes nach der Richtlinie für „Zukunftsräume“. Auf insgesamt 600 Quadratmetern praktizieren hier jetzt ein Hausarzt und zwei Kinderärzte, Fachärzt:innen kommen tageweise und ergänzen das Angebot. Ein Vorteil, den wir den Ärzten auch bieten können – seit April 2023 sind es zwei Kinderärzte: Sie haben einen festen Ansprechpartner, weniger Bürokratie und keinen hohen Verwaltungsaufwand.

Die Misere am Bau mit fehlenden Kräften und fehlendem Material hat einige Arbeiten verzögert, doch wir sind stolz auf unser mutiges Projekt. Es unterscheidet sich von „normalen“ Versorgungszentren. Umso mehr möchte ich die gute Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen loben und abermals das Land, das uns mit weiteren 500.000 Euro, also insgesamt 1 Million Euro, an Zuschüssen unterstützt hat. Unseren Ärzt:innen geben wir einen Zuschuss für Umbau und Einrichtung und einige mietfreie Monate zum Start. Darüber hinaus liegt direkt neben dem Ärztehaus eine Apotheke, die Medikamente auf Wunsch nach Hause bringt. Und es gibt eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr, wahlweise dank E-Ladesäule auch an den umweltschonenden Individualverkehr.

Lengedes Bürgermeisterin Maren Wegener und Avacon Kommunalreferent Ralf ­Baumgarten tauschen sich regelmäßig zu nachhaltigen Energiekonzepten aus. © Ralf Büchler

Viele Kommunen haben mit großen Wohnraumproblemen zu kämpfen, entweder laufen die Mietpreise davon oder die Bauarbeiten starten ohne Material und Fachkräfte gar nicht erst. Wie sieht es in Lengede aus?

Ja, vielerorts und auch bei uns fehlt Wohnraum. Wir realisieren auf kommunalen Flächen zurzeit ein Großprojekt mit 90 Wohnungen bei einer Mietpreisgrenze von ca. 9 Euro. Bis hin zum Kinderspielplatz ein tolles Projekt. So etwas funktioniert nur mit einem Investor, und wir haben das große Glück, einen sozial eingestellten Investor gefunden zu haben. Umgeben sind die Wohnungen von einem parkähnlichen Garten. Der Wille der Gemeinde hat hier etwas Großes möglich gemacht. Wir sind im ersten Bauabschnitt, leider werden wir den geplanten Termin der Fertigstellung 2025 wohl nicht halten können.

Viele Kommunen haben mit großen Wohnraumproblemen zu kämpfen, entweder laufen die Mietpreise davon oder die Bauarbeiten starten ohne Material und Fachkräfte gar nicht erst. Wie sieht es in Lengede aus?

Ja, vielerorts und auch bei uns fehlt Wohnraum. Wir realisieren auf kommunalen Flächen zurzeit ein Großprojekt mit 90 Wohnungen bei einer Mietpreisgrenze von ca. 9 Euro. Bis hin zum Kinderspielplatz ein tolles Projekt. So etwas funktioniert nur mit einem Investor, und wir haben das große Glück, einen sozial eingestellten Investor gefunden zu haben. Umgeben sind die Wohnungen von einem parkähnlichen Garten. Der Wille der Gemeinde hat hier etwas Großes möglich gemacht. Wir sind im ersten Bauabschnitt, leider werden wir den geplanten Termin der Fertigstellung 2025 wohl nicht halten können.

Der Lengeder Verkehrsentwicklungsplan will den Ort für Fußgänger und Radfahrer sicherer machen. © Ralf Büchler

Was tut sich in Sachen Verkehr in Ihrer Gemeinde?

Durch unseren ziemlich umfassend angelegten Verkehrsentwicklungsplan tut sich eine Menge; in Broistedt vielleicht noch deutlicher, für Fußgänger und Radfahrer mehr als für andere. Mit Ampeln und Kreiseln verlangsamen wir den Verkehr, was ihn gerade für schwächere und unerfahrene Teilnehmer:innen – etwa Kinder, die mit dem Fahrrad zur Schule fahren – nachweislich sicherer macht. Mit dem Land ist ein Investitionsvolumen von mehreren Millionen Euro vereinbart, was auch den Bedürfnissen des Wirtschaftsstandort Rechnung trägt. Mehrere namhafte, einige seit Langem hier ansässige Unternehmen profitieren davon; bei einem Paket- und Warenverteilzentrum etwa erklärt sich das von selbst. In den Jahren seit 2016 sind insgesamt knapp 1.000 Arbeitsplätze entstanden, eine beeindruckende Zahl. Übrigens auch viele für ungelernte Kräfte, das finde ich genauso wichtig. Entsprechend dynamisch ist die gesamte Entwicklung, was Einkaufen und auch Verkehr betrifft. Wir wissen, letzten Endes geht es der Kommune nur so gut, wie es der Wirtschaft gelingt, erfolgreich ihren Aufgaben nachzugehen. Zum Beispiel haben wir alle zwei Jahre einen „After-work-Treff“ mit dem Handels- und Gewerbeverein, da tauschen sich alle darüber aus, ob irgendwo der Schuh drückt. Wir haben noch viele Ideen für die weitere Entwicklung der Kommune. Dass zum Beispiel auf die Kindergärten auch Grund- und weiterführende Schulen folgen müssen, wie wichtig Ausbildung und Qualifikation sind, dieses Bewusstsein teilen hier alle.

Können Sie diese vielen Entwicklungen als nachhaltig bezeichnen? Wohin geht die Reise?

Nachhaltigkeit verstehen wir als dauerhafte Zukunftsaufgabe. Wir kümmern uns um vieles und haben etwa baulich schon einiges verändert. Das macht Spaß, und es macht ehrgeizig. In puncto Energie ist der EnergieMonitor eine positive, überraschende Innovation. Er macht den Energieverbrauch transparent. Zu sehen, woher die Energie kommt und wohin sie fließt, ist eine außerordentlich wirksame Sache. Die Bürger:innen kommen vorbei und schauen rein, und wenn jemand etwas auszusetzen findet, dann höchstens „Wieso erst jetzt?“ Eine unserer größten Investitionen ist die kommunale Kläranlage: Insgesamt 11 Millionen Euro investieren wir in eine saubere Zukunft. Neben dem Faulturm steht ein hocheffizientes Blockheizkraftwerk, das umweltschonend Strom und Wärme erzeugt.

Unsere Bürger:innen teilen dieses Engagement. Eine von diesen kleinen Aktionen, die nachhaltig Wirkung erzeugen, war eine Baumpflanzaktion. Nur rund 35.000 Euro hat es uns gekostet, 1.500 Bäume in 20 Sorten zu erwerben. Sie stehen jetzt als Geschenk bei den Bürgern im Garten. So kommt Nachhaltigkeit im Kopf an.

Als Verwaltungsfachwirtin kennen Sie die Belange der Verwaltung in- und auswendig. Wird die Zukunft digitaler?

Zweifellos wird sie digitaler – auch wenn bei uns mehr Kindergärtner:innen, Erzieher:innen und Sozialassistent:innen tätig sind. Die meisten der 300 Kolleg:innen übrigens, die bei uns für die Kommune arbeiten. Die Corona-Pandemie hat dem Thema einen großen Schub mitgegeben. Sogar wer digitale Chancen nicht erkennen wollte, musste sie nutzen. Im Übrigen bedeuteten Homeoffice und Beschränkungen auch für die Verwaltung einen Lernprozess. Nicht die Bürger:innen den Bedürfnissen der Verwaltung anpassen, sondern umgekehrt: Wenn Eltern ihre Kinder online für die Kita anmelden können, tun sie das abends oder am Wochenende. Nicht die Homepage macht es möglich, sondern die gute Erklärung. Wir wollen uns dem Leben unserer Mitmenschen anpassen. Kommune heißt für mich ganz wesentlich: Dienstleistung.

© Ralf Büchler

Erlauben Sie schon ein Fazit?

Es war eine schwere Zeit, erst recht für eine kleine Kommune, die sich nicht auf dem Erreichten ausruhen kann. Wir müssen schneller sein als andere, agil sein – ohne dass eine Verwaltung den Rahmen von Recht und Gesetz verlassen darf, aber bürgernah muss sie dennoch sein. Wir haben den Mut aufgebracht, Veränderungen in der Krise zu wagen, uns für die Jugend wie für die Ü70-Generation zukunftsorientiert aufzustellen.

Was wir innerhalb eines Jahres als Zielvereinbarung auf den Weg gebracht haben, finde ich bemerkenswert. Deshalb bin ich bei möglichst vielen Arbeitssitzungen im Rathaus dabei, deshalb gebe ich in Gesprächen mit Bürgermeistern unsere Erfahrungen gern weiter. Die Chefin muss in gewisser Weise auch Zugpferd sein, zeigt, dass sie Lust auf diese Veränderungen hat.

Trägt Ihr überörtliches Engagement, unter anderem im Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) sowie als Vorsitzende des Unterhaltungsverbandes Fuhse-Aue-Erse, Früchte für Lengede, und was können Sie dort einbringen?

Nebenämter gehören dazu, sind wichtig. Was den Unterhaltungsverband betrifft: Wir leisten an den Gewässern und ihren Zuläufen, an Gräben und Bächen sowie in den Nebenräumen gemeinsam Hochwasserschutz. Das lernt man nicht in der Amtsstube, sondern in Gummistiefeln, indem man die Gewässer begeht. Die Flüsse und die Tiere verdienen und brauchen unseren Schutz. Und mit dem Wasserverband Peine sind wir mit 90 kommunalen Maßnahmen aktiv, um den Schutz vor Hochwasser und Starkregen zu verbessern. Gemeinsam und mit den Fördermitteln des Landes bewegen wir viel. Ich bin deshalb gern Sprecherin der Kooperation.

Dass ich zur 1. Vizepräsidentin des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes gewählt wurde, ist eine große Ehre. Der NSGB ist als kommunaler Spitzenverband der kreisangehörigen Städte und Gemeinden für jede Kommune und in vielen Themenfeldern ein wichtiger Akteur. Lange Zeit war ich die erste Frau und in verschiedenen Positionen stets die Jüngste.

Zu Themen wie Klimaschutz und Flüchtlingsintegration war ich schon oft zu Gesprächen in Hannover. Für die neue Landesregierung bin ich zwar immer noch die erste Frau und mit 36 Jahren jung in diesem Amt, aber eben nicht mehr „die Neue“. Ich bin sehr stolz auf dieses Ehrenamt und habe auch ein wenig Ehrfurcht. Aber das ist weder die Stellenbeschreibung noch die Aufgabe. Sie bietet viele Möglichkeiten, mich und die Interessen der kleinen Kommunen einzubringen.

Wie schaffen Sie es, mit so vielen Bällen zu jonglieren?

Man braucht Visionen, um Dinge voranzubringen. Ich hoffe, ich bringe die Geduld mit, auch einmal fünf Jahre abzuwarten, bis aus einer Idee Beschlüsse werden. Zwei, drei Schritte voraus zu sein ist kein Schaden, sondern gut. Einige Lengeder haben womöglich gedacht, das wäre ein Abschied. Aber ich gehe nicht weg aus Lengede. 

Lange Bergbautradition – Lengede hat den Strukturwandel erfolgreich bewältigt. © Joachim Lührs

Persönlich liegt mir Lengede, wo ich aufgewachsen bin, viel zu sehr am Herzen, um dieses „Dorf“, diese tolle Gemeinschaft aufzugeben. Und hier lebt auch mein vierjähriger Sohn.
Hier in Lengede bin ich „geerdet“, unserer Kommune sieht man immer noch an, dass sie eine starke landwirtschaftliche Herkunft hat und bergbaulich geprägt ist. Diese besondere Unterschiedlichkeit mit dem sicheren Blick in die Zukunft macht Lengede gerade liebenswert.

Lengede

Die Gemeinde im Landkreis Peine hat knapp 15.000 Einwohner. Seit den 1970er-Jahren hat die niedersächsische Kommune einen Strukturwandel zu bestehen, der mit dem Abschied vom Kohlebergbau verbunden ist. Steigende Einwohnerzahlen sprechen dafür, dass dies gelungen ist – und weiter erfolgreich gelingt. In Lengede lebt man gern. Seit 2016 lenkt Maren Wegener die Geschicke der Gemeinde. 

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