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Drohneneinsatz in Kommunen

Die fliegenden Helfer

Kreisbrandmeister Bernd Fischer (li.) und Avacon-Kommunalreferent Johannes Schlemermeyer testen eine Drohne. (© Joachim Lührs / JOPRI-Foto)

Drohnen können Kommunen die Arbeit in vielen Bereichen vereinfachen. Wir zeigen die vielfältigen Einsatzgebiete der Copter und erklären, worauf es bei der Nutzung in Städten und Gemeinden ankommt. 

Roman Müller (v. re.) und Michel Cordes von Avacon inspizieren mithilfe einer Drohne Hochspannungsleitungen. Seit rund einem Jahr erleichtert sie die Arbeit – auch in Kommunen finden Copter immer häufiger Verwendung. (© André Walther)

Gut ein Jahr ist es erst her, da lag die Drohne DJI Matrice 200 vor ihm auf dem Schreibtisch und verströmte diesen Geruch von Neu. Es war eine spannende Aufgabe für Christian Pohl, mit dem Copter ein Stück Neuland für Avacon zu betreten. Erstmals sollte die Drohne bei der Inspektion von Hochspannungsmasten zum Einsatz kommen.

Fünf Prozent der Strommasten im Netzgebiet inspiziert Avacon regelmäßig. Der Aufstieg des Mitarbeiters dauert rund 30 Minuten: sichern, aufsteigen, Sichtkontrolle, absteigen, Protokoll schreiben. Im Zweifelsfall muss er davor und danach durch ein Maisfeld laufen oder mit dem Auto bewirtschafteten Boden befahren. Für all das bietet die Drohne klare Vorteile: Sie kann in der Mitte des Mastes aufsteigen, aber auch Aufnahmen von außen machen – eine Sicht, die der Mitarbeiter gar nicht hat. Und vor allem ist ihr Einsatz weitaus sicherer. 

Vielfältige Möglichkeiten

In Deutschland erfreuen sich Drohnen großer Beliebtheit: Bis 2020 werden rund eine Million Exemplare in die Lüfte steigen, schätzen Experten. Der überwiegende Teil davon sind semiprofessionelle Flugobjekte, die ohne Kenntnisse genutzt werden können. Professionelle Drohnen machen nur einen geringen Prozentsatz aus. Um sie zu steuern, ist ein Drohnen-Führerschein notwendig. Doch ihre Anzahl steigt stark an, die Einsatzfelder werden immer breiter gefächert – auch in Kommunen. Copter finden etwa in der Landwirtschaft Anwendung. Sie helfen, Schädlingsbefall zu erkennen und vor der Ernte zu überprüfen, ob sich Tiere in den Feldern aufhalten. Sie vereinfachen Kartierung, Gebäudevermessungen, Thermografieaufnahmen und Inspektionen schwer zugänglicher Orte. Auch für das Stadtmarketing eröffnen Drohnen neue Möglichkeiten für Luftaufnahmen und Werbevideos. Und nicht zuletzt kommen Copter heute schon vielfach bei Einsätzen von Polizei und Feuerwehr zum Einsatz.

Helfer der Feuerwehr

Auch die Feuerwehr des Landkreises Nienburg/Weser hat die Chancen von Drohnen erkannt. Sie schafft sich deshalb nun einen Copter an. Er soll bei der Lageerkundung bei Einsätzen helfen. Dabei denkt Kreisbrandmeister Bernd Fischer zum Beispiel an Unfälle auf hohen Bahndämmen im Landkreis oder an Personensuchen. Auch Flüge rund um und über die Weser kommen in Betracht, wenn man das Gelände zu Fuß nicht so schnell erreichen kann.

Angespornt durch das Beispiel anderer Feuerwehren aus dem Umkreis, lotet auch die Brand und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge in der Einheitsgemeinde Biederitz im Landkreis Jerichower Land die Anschaffung eines Copters aus. Dafür ermittelt der Ausbildungsbetrieb derzeit den Schulungsbedarf bei den Feuerwehren. Leiter Frank Mehr schätzt die zukünftige Bedeutung von Drohnen für die Feuerwehren hoch ein, hält aber auch eine genaue Überprüfung der Möglichkeiten für wichtig: „Momentan kann man noch nicht überblicken, welches Einsatzpotenzial Copter für unsere Arbeit bieten.“ Der größte Vorteil liege aktuell darin, bei großen Schadenslagen einen guten Überblick zu bekommen, ohne den kompletten Einsatzort umfahren oder -laufen zu müssen.

Drohneneinsatz ausbauen

Inzwischen wird die DJI Matrice 200 bei Avacon jede Woche genutzt. „Ihr Einsatz bei Inspektionen von Hochspannungsmasten ist sehr vorteilhaft“, resümiert Christian Pohl, Verantwortlicher des Drohnenprojekts. „Mit weiteren Finanzmitteln wollen wir die Erprobung des Einsatzes in Kommunen in Zukunft ausbauen und mehr Copter anschaffen.“ Dem Diplom-Ingenieur schwebt auch ein Bereitschaftssystem für Drohnen vor. Dabei würde jederzeit ein Kollege für einen Hilfseinsatz in Kommunen bereitstehen.

Stimmen der Feuerwehr

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  • Bernd Fischer

    „Mithilfe der Drohnen kann man sich bei Gefahrenlagen einen guten Überblick verschaffen, ohne die Einsatzkräfte in Gefahr zu bringen. Zudem helfen Copter bei der Suche nach Personen.“

    Bernd Fischer, Kreisbrandmeister Landkreis Nienburg/Weser

  • Frank Mehr

    „Damit unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter nicht überbeansprucht werden, plädiere ich dafür, dass Drohnen zentral stationiert und im Bedarfsfall von den Feuerwehren angefordert werden können.“

    Frank Mehr, Leiter Brand- und Katastrophenschutzschule Heyrothsberge

  • Lutz Hoffmann

    „Der Mehrwert einer Drohne für die Feuerwehr ist so offensichtlich, dass wir als Verwaltung dem Antrag schon nach kurzer Zeit zustimmen konnten: Sie bietet sich an, um auch bei komplexen Situationen, etwa einem Bahnunglück, wie wir es vor kurzem im Landkreis hatten, einen Überblick zu gewinnen.“

    Lutz Hoffmann, Leiter des Dezernats III des Landkreises Nienburg und Verantwortlicher für die Kreisfeuerwehr, auch privat Mitglied der freiwilligen Feuerwehr

  • Wilhelm Schlemermeyer

    „Ich bin selbst 50 Jahre Feuerwehrmann gewesen und weiß, wie wichtig moderne Technik für den Einsatz ist. Eine Drohne erweitert die Möglichkeiten. Mit ihr lassen sich Bereiche erkunden, die man von unten oder auch mit einer Drehleiter nicht einsehen kann. In Verbindung mit einer Wärmebildkamera kann man die Drohne auch zur Personensuche im Wald oder in der Feldmark nutzen. Die Technik bringt viele Vorteile für die Feuerwehr, daher haben wir die Anschaffung auch beschlossen.“

    Wilhelm Schlemermeyer, Vorsitzender des Ausschusses für Brandschutz und Rettungswesen des Landkreises Nienburg und Ortsbürgermeister von Langendamm

Nachgefragt bei den Experten

Michel Cordes, Drohnen-Pilot bei Avacon
Michel Cordes, Drohnen-Pilot bei Avacon (© André Walther)

Nachgefragt! Interview mit Michel Cordes, Drohnen-Pilot bei Avacon

Welche Bedingungen müssen Städte und Gemeinden erfüllen, um Drohnen einsetzen zu können?

Sie müssen mit den Gesetzen und Verordnungen zum Steuern von Drohnen vertraut sein. So sind an bestimmten Orten besondere Genehmigungen erforderlich, beispielsweise für den Betrieb einer Drohne in einer Entfernung von weniger als 100 Metern zu Bundesstraßen, Bahnanlagen oder Naturschutzgebieten. Für Drohnen mit einem Gewicht von über zwei Kilogramm sind zudem ein Kenntnisnachweis – eine Art Drohnen-Führerschein – sowie eine Haftpflichtversicherung für die Drohne erforderlich. Das empfiehlt sich auch für kleinere Modelle.

Was ist für den Flug zu beachten?

Vor dem Start sollte man sich mit Besonderheiten des zu befliegenden Objekts oder Geländes vertraut machen. Achten Sie zum Beispiel auf Freileitungen! Zudem muss man die Einstellungen kontrollieren, etwa die Höhe für den automatischen Rückkehrflug. Während des Fluges muss eine Gefährdung von Personen und Tieren ausgeschlossen werden und der Abstand zu Objekten gewährleistet sein, um bei unvorhergesehenen Bewegungen der Drohne rechtzeitig eingreifen zu können.

Ralf Tiedemann, Brandschutzabschnittsleiter im Landkreis Nienburg/Weser
Ralf Tiedemann, Brandschutzabschnittsleiter im Landkreis Nienburg/Weser (© Joachim Lührs / JOPRI-Foto)

Nachgefragt! Interview mit Ralf Tiedemann, Brandschutzabschnittsleiter im Landkreis Nienburg/Weser

Welche Überlegen können Kommunen bei der Entscheidung für oder gegen die Anschaffung einer Drohne helfen?

Zuerst einmal müssen sie sich klar darüber sein, welche Verwendung der Copter finden soll. Ist er beispielsweise für den Einsatz in Krisen- und Gefahrensituationen gedacht, sollten sich Kommunen zuerst einmal Gedanken zu ihrer Infrastruktur machen: Wie viel Wald und Fläche sind vorhanden? Wie viel Einsatzkräfte benötigen wir, um uns möglichst in Realzeit einen Lageüberblick zu verschaffen? Gibt es Kooperationsmöglichkeiten mit Nachbarkommunen zur Nutzung von Drohnen – bei Feuerwehren oder sonstigen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben? Wichtig dabei ist: Eine gemeinsame Nutzung eines Copters macht nur Sinn, wenn man im Bedarfsfall jederzeit verlässlich auf ihn zurückgreifen kann.  Auch ein Erfahrungsaustausch mit anderen Kommunen kann sehr hilfreich sein.

Was ist noch zu beachten?

Zentral ist auch die politische Vorarbeit. Da bedarf es einer sorgfältigen Argumentation, um den Gremien zu vermitteln, warum und wofür die Anschaffung einer Drohne notwendig ist. Hat der kommunale Haushalt die Mittel, das zu stemmen? Wie hoch sind die Anschaffungskosten? Wer steuert die Drohne? Welche Ausbildung ist dafür notwendig? Welche jährlichen Kosten entstehen der Kommune? 

Historie der Drohnen

Die Geschichte autonomer Flugobjekte beginnt vor über 200 Jahren. 1783 lassen die Gebrüder Montgolfier einen unbemannten Heißluftballon starten. Im Ersten Weltkrieg werden dann erstmals funkgesteuerte Flugzeuge eingesetzt – als Flugtorpedos. Für die US Navy und die Royal British Air Force werden in der Folge verschiedene Drohnen zum militärischen Einsatz entwickelt. In den 1960er- und 1970er-Jahren setzen die Amerikaner sie zu Aufklärungszwecken ein.  Ab 1990 kommt auch bei der Bundeswehr mit der Canadair CL-289 erstmals eine Aufklärungsdrohne zum Einsatz. Diese kann nun Videos aufzeichnen und in Echtzeit senden. Erst seit 2013 werden die unbemannten Flugobjekte auch vermehrt zu nicht-militärischen Zwecken eingesetzt, wie etwa zur Verbrecherjagd, als Paketauslieferer oder in der Landwirtschaft.

Höhenflug in Kommunen

Drohnen werden zunehmend in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Auch für Kommunen bergen sie ein großes Potenzial.

„Alpha One“ – der erste Prototyp des Projekts „Vahana“ – ist abgehoben. Die unbemannte Flugdrohne von Airbus startete Ende Januar 2018 auf einem Testgelände im amerikanischen Bundesstaat Oregon. Bald sollen Passagiere zusteigen. Kein Stau mehr, weil sich der Verkehr über unseren Köpfen bewegt? Das klingt nach Science Fiction, aber Airbus kündigt an, das Projekt „Vahana“ sei schon im Jahr 2020 reif für die Serienproduktion. Sicherlich wird es trotzdem noch eine ganze Weile dauern, bis unbemannte Flugdrohnen – Unmanned Aircraft Vehicles (UAV) – tatsächlich unsere Straßen entlasten, aber interessante Einsatzgebiete für Kommunen bieten sie schon jetzt.

Vermessung und Kontrolle der Region 

Flugdrohnen können zu verhältnismäßig geringen Kosten große Distanzen überfliegen. Dabei liefern sie, abhängig von der jeweiligen Ausstattung, sehr unterschiedliche Informationen. Moderne Geräte übertragen dabei ihre Daten in Echtzeit an Smartphones oder Tablets, sodass sie direkt im Feld von den Teams am Boden ausgewertet werden können. All das macht sie attraktiv für Kommunen.

Spezialisierte Firmen bieten bereits an, Gemeinden bei der Vermessung und Kartierung zu unterstützen, oder sie erfassen mit entsprechenden Kameras an Bord Gelände oder Gebäude in dreidimensionaler Qualität. Diese 3D-Bilder sind eine gute Planungsgrundlage und können gleichzeitig dazu dabei helfen, ein Projekt im Detail vorzustellen. Später lässt sich der Fortschritt eines Bauvorhabens unkompliziert dokumentieren. Ideal sind Flugdrohnen zudem, um gegebenenfalls Schäden an schwer erreichbaren Bauten zu inspizieren, etwa an Schornsteinen oder Kirchtürmen.

Eine weitere Möglichkeit wäre es, mit einer Wärmekamera schlecht gedämmte Gebäudeteile aufzuspüren. Die Stadt Bocholt in Nordrhein-Westfalen hat es mit einer Cessna vorgemacht, Flugdrohnen könnten die gleichen Ergebnisse zu geringeren Kosten liefern. Einen Schritt weiter sind die Schweizer und Italiener. Sie lassen Flugdrohnen gezielt fliegen, um illegal errichtete Bauten aufzudecken.

Flüge für den Tourismus

Neue Möglichkeiten bieten die unbemannten Flugobjekte auch den Marketing-Abteilungen der Städte und Gemeinden. Aktuelle Luftbilder zeigen die Attraktionen einer Region und bieten Hinweise zur Orientierung. Mit einer Videokamera an Bord könnten Drohnen sogar Wanderwege, Lehrpfade oder einen Rundgang durch die Altstadt abfliegen. Denn Videos stellen Attraktionen oftmals noch besser heraus als einfache Fotos. Im rheinland-pfälzischen Koblenz arbeitet das Städtische Bäderamt aus einem ganz anderen Grund mit einer Modellfluggruppe zusammen: Die Mitarbeiter haben die Hobbypiloten beauftragt, mit Flugdrohnen Gänse von einem Freibadgelände zu vertreiben, die dort die Liegewiesen verunreinigen.

Gesetz und Technik in Kürze 

So vielfältig die Möglichkeiten auch sind, in vielen Fällen benötigen Kommunen eine Genehmigung der zuständigen Landesluftfahrtbehörden. Das gilt unter anderem für:

  • Nachteinsätze
  • Flüge in einer Höhe von über 100 Metern
  • Flugrouten außerhalb der Sichtweite des Piloten
  • alle Drohnen, die mehr als fünf Kilo wiegen
  • Überflug von sensiblen Bereichen wie Einsatzorten von Polizei und Rettungskräften, Krankenhäuser, Menschenansammlungen, Haftanstalten, Industrieanlagen, Naturschutzgebiete sowie in Kontrollzonen von Flugplätzen

Außerdem braucht der Pilot einen Drohnenführerschein, wenn das Gerät mehr als zwei Kilo wiegt. Schulungen bieten zum Beispiel die Luftsportvereine an. Für eine gewerbliche Nutzung ist aber keine grundsätzliche Erlaubnis erforderlich. Das hat sich mit der Verordnung geändert, die das Bundesverkehrsministerium 2017 herausgebracht hat.

Kommunen, die Drohnen einsetzen möchten, können Sub-Unternehmen beauftragen oder eigene Geräte anschaffen:

  • Drei Systeme sind auf dem Markt: Drohnen mit Propeller über dem Motor (Multirotoren), Flächenflugzeugsysteme mit Antrieb an den Tragflächen und Hybrid-Systeme mit mehreren Flügeln, wobei jeder einzelne mit einem dreh- und kippbaren Antrieb bestückt ist. Tragflächen-Drohnen verbrauchen wenig Energie und können große Flächen erfassen. Multirotoren-Systeme sind hingegen flexibler und können über einem Punkt steigen und sinken. Sie eignen sich beispielsweise für 3D-Aufnahmen. 
  • Während es Drohnen für den Hobbybedarf schon ab etwa 100 Euro gibt, kostet eine professionelle Drohne, die eine hochaufgelöste Kamera (4K) transportiert, ab etwa 2.000 Euro. Die Preise sind nach oben offen, da immer komplexere Ausstattungen angeboten werden. Bei gewerblichen Geräten, die schwere Lasten transportieren können, werden leicht Preise von 200.000 Euro erreicht.