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Interview mit Dr. Steffen Burchhardt, Landrat des Landkreises Jerichower Land

Mehr Flexibilität und Vertrauen

In der Praxis zeigt sich die Devise „Fördern und Fordern“ von Landrat Dr. Steffen Burchhardt zum Beispiel mit einem Sonderauftrag, der an die Auszubildenden ging: Sie erstellten in Eigenregie ein Video, das die Kreisverwaltung vorstellt. (© Pressestelle Landkreis Jerichower Land)

Wie ist es um den Nachwuchs in der Verwaltung bestellt, und wie verändert die Digitalisierung die Arbeit in Kommunen? Wir haben mit dem Landrat des Landkreises Jerichower Land Dr. Steffen Burchhardt gesprochen.

Dr. Steffen Burchhardt ist Landrat des Landkreises Jerichower Land. Seine Devise lautet „Fördern und Fordern“. (© Pressestelle Landkreis Jerichower Land)

Herr Dr. Burchhardt, viele Unternehmen klagen über Fachkräftemangel. Wie sieht die Situation im öffentlichen Dienst aus? 

Grundsätzlich kann ich diesen Mangel bestätigen. Seit zwei, drei Jahren ist er ein wichtiges Thema für Industrie und Gewerbe und damit auch für die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Daher sind wir dem Thema gegenüber aufgeschlossen. In der Verwaltung ist der Fachkräftemangel zwar präsent, spielt aber eher eine untergeordnete Rolle. 

Warum ist das so?

Wir beschäftigen viele Mitarbeiter, die bei uns schon ihre Ausbildung absolviert haben. Der Ausbildungsberuf Verwaltungsfachangestellte/r erfreut sich nach wie vor einer großen Beliebtheit. Auf acht Lehrstellen erhalten wir etwa 80 bis 130 Bewerbungen, da haben wir gute Auswahlmöglichkeiten.

Auch bei klassischen Stellenausschreibungen gibt es einen guten Rücklauf. Führungskräfte können wir aus den eigenen Reihen rekrutieren. Uns ist wichtig, dass sich die Mitarbeiter entwickeln können – und wir bereiten sie auf anspruchsvolle Aufgaben vor. In den vergangenen vier Jahren haben wir mehr als die Hälfte der Führungspositionen in der Verwaltung neu besetzt. Dieser durch Pensionierungen notwendige Generationswechsel hat gut geklappt. 

Wie gestaltet sich das Thema Ausbildung?

Die Ausbildung dauert drei Jahre – das heißt: Wir haben 18 bis 22 Auszubildende, die in allen Fachbereichen eingesetzt werden. Die Anforderungen an die Personalabteilung bezüglich der Gesamtkoordination als auch an die Ausbilder sind hoch. So hat aber jeder Azubi die Chance, alle Bereiche kennenzulernen und den Passenden für sich zu finden.

Unserem Haus ist es wichtig, dass auch die jungen Leuten Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Wir geben ihnen Freiräume und pflegen eine positive Fehlerkultur. Denn die neue Generation tickt anders: Sie wollen am großen Ganzen mitwirken, darum versuchen wir auch, die Zügel mal locker zu lassen und geben einen Vertrauensvorschuss. 

Haben kleinere Gemeinden auch eine so gute Ausgangslage?

Gemeindeverwaltungen bilden schon aufgrund ihrer Größe weniger junge Leute aus als eine Kreisverwaltung. Hier sind meist eher Generalisten gefragt. Auch ist die Bandbreite an beruflichen Perspektiven begrenzter, sodass es die Gemeinden bei der Suche nach Arbeitskräften in der Regel eher etwas schwerer haben. 

Was ist denn bei Ihnen gefragt?

In der Kreisverwaltung brauchen wir eher viele Spezialisten, etwa im Veterinär-, Sozial- und Jugend- sowie im Gesundheitsamt oder in der IT-Abteilung. Ingenieure, ITler und Mediziner sind auch für uns schwer zu finden. Auf manche Ausschreibung folgte ein längerer Suchprozess. Auch Stellen für Sozialpädagogen sind nicht mehr so leicht zu besetzen. In diesen Bereichen herrscht eine hohe Fluktuation. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen sich heute stetig verbessern, dadurch entsteht viel Bewegung. Und das löst manchmal eine Kettenreaktion aus. Das trifft uns dann auch mal und wir verlieren gestandene Kräfte.

Wie wirken Sie dem entgegen?

Bei uns sind die Möglichkeiten der Veränderung groß, allerdings sind wir an Tarifsysteme gebunden und können dadurch nicht so viele finanzielle Anreize bieten. Natürlich profitieren wir bei der Suche nach Arbeitskräften auch von unserer Lage: Mit unseren Standorten in Burg liegen wir in unmittelbarer Nähe zur Uni-Stadt Magdeburg und das Kreishaus in Genthin ist für Brandenburger schnell zu erreichen. Was die Fluktuation betrifft, kann das natürlich auch Segen und Fluch zugleich sein. Grundsätzlich stellen wir gerne Personen ein, die im Landkreis verwurzelt sind.

Wir profitieren als Kreisverwaltung von unserem guten Ruf als Arbeitgeber. Wir bieten Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie flexible Arbeitszeitmodelle. Wir nehmen die Mitarbeiter ernst und auch Rücksicht – Beruf und Persönliches in Einklang bringen, ist bei uns keine Floskel. Das zeichnet uns als Arbeitgeber aus.

Was heißt das konkret?

Wir bieten grundsätzlich Gleitzeit und Kernarbeitszeiten an. Im vergangen Jahr konnten wir zudem eine Pilotstudie abschließen, in der wir Erfahrungswerte für Heimarbeit gesammelt und eine Richtlinie erarbeitet haben. Wir möchten Mitarbeitern, bei denen es vom Stellenprofil passt, die Möglichkeit einräumen, auch im Home-Office zu arbeiten. Das ist uns wichtig, denn wenn man jeden Tag einen weiten Anreiseweg hat, kann das zu einer echten Belastung für die Familie werden. 

Außerdem kann jeder Fachbereich einmal jährlich eine teambildende Maßnahme durchführen und im Sommer veranstalten wir für die gesamte Verwaltung ein Hoffest. Unsere Führungskräfte sind erreichbar, sodass die Mitarbeiter ihre Anliegen jederzeit ansprechen können. Wir sind kontinuierlich auf der Suche nach neuen Lösungen, mit denen wir unsere Kolleginnen und Kollegen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser unterstützen können.

Ein Mitarbeiter hatte beispielsweise den Herzenswunsch, ein Sabbatjahr in Afrika zu verbringen. Wir wollten ihm das ermöglichen und haben eine Regelung für das Arbeitszeitenkonto gefunden und übergangsweise jemanden als Ersatz eingestellt. Das ist natürlich kein Standardinstrument.

Unsere hohe Quote an Teilzeitkräften zeigt, dass wir versuchen, auf persönliche Wünsche und Lebenssituationen einzugehen: 20, 25 oder 30 Stunden – bei uns gibt es unterschiedliche Varianten. Wir finden fast immer ein Modell. Es gibt nur wenige Fälle, wo der Arbeitszeitwunsch nicht erfüllt werden konnte. 

Und in welchem Maße ist die Digitalisierung in den Verwaltungen angekommen?

Sie spielt sich bei uns in zwei Dimensionen ab: einmal bei internen Abläufen und einmal beim Service für die Bürger. Wir arbeiten an der Einführung der E-Rechnung – ebenso wie an einer digitalen Akte. Diese Neuerungen werden die Arbeitsprozesse von Grund auf verändern. Das berührt fast jeden Arbeitsplatz. Beim Rats-Informationsdienst sind wir schon weiter, hier arbeiten wir mit den Gremien bereits nahezu papierlos. Die Digitalisierung schreitet voran – und soll Erleichterung schaffen. Das Gute ist, dass unsere jungen Mitarbeiter sowieso viel Wissen darüber mitbringen – auch das steigert die Medienkompetenz unseres Hauses kontinuierlich.

Wie werden sich die Berufsbilder bzw. Tätigkeiten bei Kommunen in den kommenden Jahren verändern?

Klar, verändert die Digitalisierung die Berufe – die technischen Anforderungen steigen. Klassische Berufsbilder wie man sie im Sekretariat oder am Empfang findet, werden seltener. Zum Einsatz kommen dann eher persönliche Referenten oder Assistenten.

Ich sehe ganz klar den Trend, dass wir mehr Flexibilität von den Mitarbeitern benötigen. Wir brauchen auch in der Kreisverwaltung mehr Generalisten, die verschiedene Themenfelder besetzen können. Wenn man von Zeit zu Zeit den Arbeitsplatz und damit auch den Blickwinkel wechselt, bleibt auch das Interesse an der Arbeit größer und das wiederum steigert die Identifikation mit dem Unternehmen.

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