Interview mit Bernd Köppen, Bürgermeister der Gemeinde Möser
Kommune macht Landlust
Der demografische Wandel stellt Kommunen vor Herausforderungen. Diesen begegnet die Gemeinde Möser im Landkreis Jerichower Land mit guten Ideen. Im Interview berichtet Bürgermeister Bernd Köppen von den Erfahrungen.
Herr Köppen, seit 2015 gibt es in Ihrer Kommune ein integriertes, gemeinschaftliches Entwicklungskonzept – kurz IGEK. Worauf haben Sie dabei besonderen Wert gelegt?
Das Konzept, das wir „Leitbild 2025“ nennen, haben wir in einem langen Prozess erarbeitet. Ein Schwerpunkt ist, dass wir dem demografischen Wandel entgegentreten. Wir wollen ein lebendiges Dorf sein, in dem junge Familien gern leben und in dem Menschen auch problemlos alt werden können.
In einer Prognose hieß es für das Jahr 2020, dass die Einwohnerzahl in Möser sinken würde ...
Vorhergesagt war, dass die Zahl unserer Einwohner um 319 auf 7.769 zurückgehen würde. Tatsächlich ist sie gestiegen: von 8.088 im Jahr 2014 auf heute 8.424.
Wie haben Sie das erreicht?
Wir haben zwei Wohngebiete in Möser und in Lostau mit je 80 Bauplätzen erschlossen. Dazu kam noch ein privates Wohngebiet, ein weiteres befindet sich in Planung. Die neuen Flächen waren der Grundstein, um die Entwicklung vorzubereiten: Junge Leute sind zugezogen! Dazu gibt es Kitas, Schulen und vier Sporthallen. Sie werden umfangreich genutzt von Vereinen, in denen sich viele Menschen ehrenamtlich engagieren.
Wie hat sich die Aktion „Prämie für Bauwillige“ ausgewirkt?
Die Idee entstand, weil die Vermarktung der Wohngebiete am Anfang nicht so gut lief. Daher haben wir Familien einen bestimmten Betrag angeboten, wenn sie etwa zusammen nicht älter als 50 Jahre waren. Damit konnten wir sie beim Erwerb eines Grundstücks mit bis zu 5.000 Euro unterstützen.
Wenn es so viele junge Familien gibt, wie verhält es sich mit Schulen und Kitas?
Der Bedarf ist natürlich hoch. Insgesamt verfügen wir in der Gemeinde über vier Kitas. Dazu haben wir zwei attraktive Übergangslösungen geschaffen: Eine Krippe befindet sich in einem früheren Pfarrhaus und eine Kita in Hohenwarthe ist in einem ehemaligen Infopunkt untergebracht. Ein Neubau mit 60 Plätzen ist in Vorbereitung. Und die braucht man ja schließlich auch, wenn man will, dass junge Familien herziehen.
Und wie steht es mit Schulen?
Ende 2019 konnten wir den Erweiterungsbau der Grundschule einweihen: Dort finden nun acht weitere Klassen Platz, es gibt ein Lehrerzimmer und einen Speisesaal. Hinter diesen Plänen stand enormer Druck, wir haben das Bauvorhaben mit einer Investitionssumme von vier Millionen Euro fast ohne Fördermittel bewältigt. Aber uns war vor allem wichtig, den Kindern hier vor Ort eine gute Bildung zu vermitteln.
Bei der Schule selbst haben wir darauf geachtet, dass sie den neuesten Standards entspricht, etwa hinsichtlich der Funktionen im Gebäude. Bewegungsmelder schalten das Licht in Räumen an. Wird ein Fenster geöffnet, reduziert sich die Leistung der Heizung, die wiederum mit Holzpellets Wärme erzeugt, also mit nachwachsenden Rohstoffen.
Was tun Sie für Senioren?
Wir wollen, dass die Menschen in einer lebenswerten Gemeinde alt werden können. Derzeit gibt es bei uns zwei Seniorenheime und wir haben Projekte zum altersgerechten Wohnen vorbereitet. Es entstehen gerade 25 kleine Häuschen. Dazu ist bei uns ein Gemeinde-Seniorenrat sehr aktiv. Von ihm erhalten wir Hinweise, zum Beispiel, wenn eine Bordsteinabsenkung notwendig ist oder eine Bank aufgestellt werden soll.
Wie schaffen Sie es, das Interesse der Menschen zu wecken?
Es ist nicht immer leicht, die Bürger ins Boot zu holen. Bei unserem Konzept „Leitbild 2025“ hat es gut funktioniert. Es gab Zukunftswerkstätten zu Themen wie Klimaschutz, Tourismus, Infrastruktur usw. Aufgerufen haben wir dazu in der Gemeindezeitung, über die Homepage und per Facebook. Natürlich suche ich auch das persönliche Gespräch.
Welche weiteren Maßnahmen planen Sie?
Unser Leitbild beinhaltet natürlich auch den Klimaschutz – das ist ein großes Thema. Wir haben dazu mit viel Bürgerbeteiligung ein Klimaschutzkonzept erstellt. Schon vor gut fünf Jahren haben wir als eine der ersten Kommunen in unserer Region die Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt. Um weitere Energie einsparen zu können, lässt sich das Licht in einigen Straßen sogar stufenweise dämmen: Ab 22 Uhr regeln wir die Beleuchtungsstärke in zwei Stufen erst auf 50, dann auf 30 Prozent herunter.
Ein weiteres Projekt ist der 3,8 Kilometer lange Radweg, der Hohenwarthe und Lostau verbinden wird. Anfang Februar war der erste Spatenstich, im Herbst 2020 soll er fertiggestellt sein.
Welche Vorhaben in der Kommune sind Ihnen außerdem wichtig?
Am Herzen liegt mir der Neubau der Kita, um unseren Zuwachs an Einwohnern abzusichern. Außerdem sind die drei großen Hochwasserschutzmaßnahmen essenziell. Nicht zu vergessen ist außerdem die Feuerwehr: Viele Fahrzeuge sind sehr alt. Darum werden wir in den kommenden Jahren etliche neue anschaffen. Diese und andere Projekte treiben mich voran. Die Arbeit ist nicht immer einfach. Doch wenn wir wieder was für die Gemeinde getan haben, erfüllt mich ein innerer Dank.
Worauf darf eine Gemeinde aus Ihrer Sicht nicht verzichten, wenn sie gut für die Zukunft aufgestellt sein will?
Man braucht Menschen, die mit der Verwaltung das Umfeld lebenswert gestalten. Mein Ziel ist es, dass die Gemeinde attraktiv bleibt. Darum dürfen wir uns Entwicklungen nicht verschließen. Meine Erfahrung ist: Die jungen Menschen bleiben hier, gestalten mit und bringen sich auch im Ehrenamt ein.
Impressionen
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