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Die Zukunft meistern

„Wir haben eine tolle Stadtgesellschaft.“ Bürgermeisterin Ortrud Wendt zögert dabei keine Sekunde. Burgwedel ist – wie viele Kommunen – von der gegenwärtigen Krise betroffen. Kann sie auch zur Chance werden?
Ortrud Wendt ist seit 1. November 2021 Bürgermeisterin von Burgwedel. Zuvor war die Diplom-Ökonomin u.a. in der Kommunikationsberatung für Unternehmen tätig (Fotos: Ortrud Wendt).

Frau Wendt, Burgwedel als Stadt ist dennoch ländlich geprägt. Was zeichnet sie aus?

Wir haben eine gesunde Struktur, eine gute Durchmischung von Unternehmen, einige sehr bekannte und auch ein paar „hidden champions“ – und wir sind eine beliebte Einpendler-Stadt im Speckgürtel von Hannover. 

Es ist für alle etwas dabei: das ländliche „look and feel“ auf der einen Seite, das städtische mit Gastronomie, Einzelhandel, Schulen, Krankenhaus und Freibad auf der anderen Seite. Die Kernstadt hat rund 10.000 Einwohner, in sechs Ortsteilen weitere 10.000. Unsere Bevölkerungszahl ist stabil geblieben, aber wir „ergrauen“ langsam. Das soll nicht so bleiben.  

Für eine Stadt mit begrenzten Wachstumsmöglichkeiten ist eine stabile Bevölkerungszahl zwar positiv. Doch am Wohnungsmarkt bleiben bei uns Wünsche unerfüllt: Es gibt viele Interessenten, die nicht fündig werden. Wir wollen wachsen, aber moderat, und wir wollen die Gangart selbst bestimmen. Und vor allem soll die Infrastruktur mitwachsen. 

 

Ist die finanzielle Situation insgesamt befriedigend?

Im Vergleich zu anderen schon, wenngleich es zunehmend schwierig wird. Lange Zeit war die Kommune sogar schuldenfrei. Wir leisten uns nur, was wir können, und denken dabei auch an die nächste Generation. Zum Beispiel in unseren Schulen: Mensen für die Ganztagesbetreuung in den Grundschulen etwa haben wir bereits. Und genügend Betreuungsplätze für die Kita-Kinder zu schaffen ist uns bislang immer gelungen. Doch auch wir haben zunehmend Mühe, dem gewachsenen Betreuungsbedarf gerecht zu werden. 

Zum Wachstum bei Wohnangeboten gehört für uns dazu, dass nicht allein die Quadratmeter zählen. Wenn wir beispielsweise seniorengerechtes Wohnen auf kleinerer Fläche anbieten wollen, müssen wir auch für die Anbindung für Einkäufe und Arztbesuche sorgen und ein entsprechend attraktives Wohnumfeld schaffen.  

Wie steht es um den Umwelt- und Klimaschutz und die erneuerbaren Energien in Burgwedel?

Wir können in Burgwedel auf über 20 Jahre Vorarbeit aufbauen. Damals schon hat die Biotop-Vernetzung begonnen. So konnten wir zusammenhängende Naturräume rings um Burgwedel schaffen, das ist wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt, für eine intakte und lebenswerte Umwelt. Die Stadt hat damals gezielt Flächen von den Landwirten gekauft. Damit Naturschutz und Landwirtschaft zusammengehen, werden wir auch weiter gemeinsame Anstrengungen unternehmen. 

Entlang der Autobahn A7 wird demnächst eine große Freiflächen-Photovoltaikanlage entstehen, die sich positiv auf die Klimabilanz der Stadt auswirken wird. Vorrangiges Ziel der Stadt bleibt es, mehr Photovoltaik auf bereits versiegelte Flächen zu bringen. Insbesondere bei neuen gewerblichen Flächen achten wir darauf, dass erneuerbare Energien von Anfang an Teil des Konzepts sind. Ebenso wichtig ist die Entsiegelung von Flächen, damit mehr Wasser versickern kann und nicht an der Oberfläche abfließt.  

Wir als Stadt wollen da unsere Hausaufgaben machen, und auch für die Unternehmen in unseren Gewerbegebieten ist Nachhaltigkeit ein Anliegen. Wir sehen dort Photovoltaik, Gründächer, entsiegelte Flächen und zunehmend auch bienenfreundliches Grün. 

Darüber hinaus läuft bei uns eine Studie mit der TU Clausthal, die Vorarbeiten zur Erkundung von Tiefengeothermie in Burgwedel haben begonnen. Man muss für hinreichende Vorkommen jedoch über 2.000 Meter tief bohren. Das erfordert große Investitionen, für die die Stadt Partner benötigt. Wir reden dabei allerdings von einem Zeithorizont von mehreren Jahren, bis feststeht, ob wir diese regenerative Energiequelle für Burgwedel nutzen können. Das Projekt ist nicht trivial, könnte aber eine Bereicherung für unseren Energiemix werden, da die Wärme aus der Tiefe an 365 Tagen verfügbar ist. 

Ein Umweltthema, das uns sehr beschäftigt, ist die Wassergewinnung. Seit 80 Jahren wird rund um den Ortsteil Fuhrberg Trinkwasser vorrangig für Hannover gewonnen. Lange, trockene Sommer und Starkregen bereiten uns zusehends Probleme. Wir müssen hier eine neue Betrachtung finden, um eine nachhaltige Trinkwassergewinnung zu gewährleisten. Als Lösung schwebt mir ein regionales Wassermanagementkonzept vor, das ganzheitlich den gesamten Wasserkreislauf durchdenkt. Statt das Brauchwasser über Bäche und Flüsse in die Nordsee abzuleiten, müssen wir alle Wasservorkommen – Niederschlagswasser und möglicherweise auch geklärtes Wasser gezielt halten und so die Speicherfähigkeit in der Region gezielt im Sinne der Grundwasserneubildung erhöhen.  

Wir müssen hier gemeinsam mit allen Beteiligten aktiv werden und nach Lösungen suchen, um unsere gemeinsame Lebensgrundlage zu erhalten.  

 

Umwelt und Mobilität gehören eng zusammen. Wie sieht es damit in Burgwedel aus?

Wir haben anspruchsvolle Ziele und wollen gut angebundene Ortschaften und ein attraktives, lebendiges Stadtzentrum. Dafür haben wir Mittel aus der Städtebauförderung eingeworben. Die Verkehrssituation ist integraler Bestandteil der Planung. Zusätzlich haben wir von einer Bundesförderung für das Projekt „mobil ans werk“ profitiert und wollen vor allem den innerstädtischen Verkehr neu denken. Überörtlich gibt es beispielsweise eine gute Radwege-Infrastruktur, innerorts wollen wir nachlegen. Wie das Stadtgrün erhöhen auch Radwege die Lebensqualität.  

Vor vielen Jahren war der Autobahnanschluss ein wichtiger Wachstumstreiber. Heute stellen wir fest: Wir brauchen eine bessere Bahnanbindung, idealerweise mindestens im Halbstundentakt. Es sind nur 16 Minuten per Bahn bis nach Hannover, ideal für alle Pendler, erst recht für alle, die aus weiterer Entfernung zu uns kommen. In Zeiten des Klimawandels könnte unsere verbesserte Nahverkehrsanbindung ein „game changer“ werden. Nicht mehr nur auf die individuelle Mobilität, sondern auf eine Vielfalt der Angebote, einen guten Mix verschiedener Verkehrsangebote kommt es an – das ist für den ländlichen Raum eine enorme Herausforderung und gleichzeitig eine große Chance. Als Kommune sind wir da allerdings sehr auf die Unterstützung der Region Hannover angewiesen Sie ist bei uns für den Nahverkehr zuständig.  

Heute, im Herbst des Jahres 2022, stellt sich natürlich auch die Frage, wie Burgwedel die Energiewende voranbringt, aber auch mit einer möglichen Gasmangellage umgeht. 

Wir haben bereits im Frühsommer einen Krisenstab eingerichtet, der sich auf verschiedene Szenarien einer Mangellage vorbereitet. Aber wir warten nicht ab, sondern handeln. Überall wo mit Gas geheizt wird – in Turnhallen, Schulen, Verwaltungsgebäuden, reduzieren wir den Verbrauch, das Freibad wurde schon im Spätsommer nicht mehr beheizt. Die Situation ist fordernd und verlangt allen gewisse Einschränkungen ab. 

Noch wichtiger vielleicht: Wir sind generell gefordert, aus einer gewissen Umständlichkeit herauszukommen, mit der wir den Umbau des Energiesystems hin zu mehr Erneuerbaren bisher betrieben haben. Einen Turbo für die Dekarbonisierung auch in der Kommune zünden, das verlangt unsere ganze Kraft. Je eher wir darangehen, umso mehr kann die Krise zur Chance werden.  

„Am Ende bilden die Kommunen das Gesicht des Staats.“ Auf der kommunalen Ebene sind wir am dichtesten dran an den Menschen – wir wissen, was es braucht, um „Staat zu machen“. Nur dürfen uns durch Vorgaben von übergeordneten Ebenen keine Fesseln angelegt werden, die unsere Initiative bestrafen, statt sie zu belohnen. 

Wir haben eine tolle Bürgerschaft in Burgwedel. Die zurückliegenden Herausforderungen von der Integration Geflüchteter aus Krisengebieten in 2015/2016 über die Corona-Pandemie bis zu den Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben offenbart, welche Reserven wir mobilisieren können. Wir haben jede Menge kommunaler Aufgaben und gleichzeitig knappe Ressourcen, aber wir klagen nicht. Auch vielen Geflüchteten – den vielen Menschen, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind – konnten wir dank des großen ehrenamtlichen Engagements zahlreicher Akteure über alle Erwartungen hinaus helfen. Wenn viele sich einbringen kann unsere Stadt viel bewegen.

Burgwedel

Burgwedel gehört zu den finanziell soliden Kommunen. Als Wohn- und Wirtschaftsstandort ist die Kommune mit gut 20.000 Einwohnern im Speckgürtel Hannovers beliebt. Die herausfordernden Aufgaben geht Ortrud Wendt mit Elan an und denkt dabei auch an die nächste Generation.
Mehr über Burgwedel unter www.burgwedel.de

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