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Interview mit Udo Sahling

Zukunft gemacht

Udo Sahling (li.) im Gespräch mit Avacon-Kommunalreferent Frank Glaubitz. Fotos: Joachim Lührs / jopri-Foto

Der Abschied fällt vermutlich allen Beteiligten gleich schwer: Zum Jahreswechsel 2021/22 verabschiedete sich Udo Sahling von seinen Kolleg:innen in der Klimaschutzagentur Hannover. Er hat die Einrichtung maßgeblich mit aufgebaut und geleitet. Avacon sprach mit ihm vor seinem Gang in den Ruhestand.

Herr Sahling, welche Fähigkeiten muss man mitbringen, um eine Einrichtung wie die Klimaschutzagentur für die Region Hannover (KSA) zu leiten?

Meine langjährige Arbeit in der kommunalen Verwaltung war sicher ein gewisser Startvorteil, um mich in dem Geflecht von Gremien und organisierten Interessen zurechtzufinden. Um wirkungsvolle Anstöße zu geben und Neues zu entwickeln, muss man Netzwerker sein, und man muss es gern sein. Das Netz von Institutionen, in dem wir als gemeinnützige Gesellschaft stehen, ist die Grundlage vielseitiger Aktivitäten. Zu unseren elf Gesellschaftern gehören die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover, namhafte Unternehmen wie Avacon und ein Förderverein, in dem mehr als 60 Unternehmen und Institutionen aus verschiedenen Branchen und gesellschaftlichen Bereichen ihre Kräfte bündeln. Allein das schafft zahlreiche Anknüpfungspunkte an Aktivitäten von Unternehmen, der Wohnungs- und Energiewirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung.

Udo Sahling (re.) im Gespräch mit Avacon-Kommunalreferent Frank Glaubitz

Wie beschreiben Sie die Aufgaben und Anliegen der KSA?

Der Klimaschutz steht bei uns seit zwei Jahrzehnten im Mittelpunkt. Dabei ist uns nie langweilig geworden. Die Klimaschutzziele voranzubringen, die sich heute die ganze Welt gesetzt hat, ist vielfältiger, konkreter und dadurch anspruchsvoller geworden. Dabei reizt uns weniger die Größe der Aufgaben als die konkrete Umsetzung in Projekten bei Kommunen, Betrieben und Bürgern. Große Unternehmen haben ganze Stäbe dafür, kleinere können da nur mit originellen Ideen, Kreativität und auch etwas Hartnäckigkeit, dann aber schon mithalten. Wir helfen ihnen gern dabei und die "Mühen der Ebene", wie man oft sagt, schrecken uns nicht.

 

Können Sie Beispiele für solche Projekte nennen?

Wenn man näher hinschaut, gibt es eine Menge. Zum Beispiel beraten wir Kommunen bei der Beantragung von Fördermitteln für konkrete Klimaschutzvorhaben, bringen kleine Stadtwerke im Umland Hannovers zusammen mit Herstellern und Handwerkern, um selbst Solarenergie zu nutzen oder es ihren Kunden anzubieten. Oder wir begleiten Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft, die sich auf den Weg machen, um in den eigenen Liegenschaften langfristig klimaneutral zu werden. Das klingt ehrgeizig und ist es auch; umso schöner, wenn man solche Ziele erreicht. Beides kommt ja auch der Allgemeinheit zugute.

 

Bildet die Beratung eine Säule der Tätigkeit der KSA?

Mit Sicherheit steht Beratung ganz weit vorn. Es gehört zu meinem Job, Unternehmen zu interessieren und die Wirtschaft zu begeistern, für die Möglichkeiten, die sie selbst hat, wenn sie mehr Energieeffizienz anstrebt. Mit einer Emissionsminderung geht das Hand in Hand. Doch wir beraten nicht nur Unternehmen, sondern auch Bürgerinnen und Bürger, private Haushalte, und nicht zuletzt Kommunen - das sogar kostenlos, wie sie mit kleinen Schritten klimafreundlicher handeln und Kosten sparen.

 

Und darüber hinaus, jenseits von Beratung und Information, ...

... tragen wir unsere Informationsmaterialien zu fast allen erneuerbaren Energieträgern in die Öffentlichkeit, in die Bürgerschaft und bieten Veranstaltungen und Seminare zu unterschiedlichsten Energiethemen. Etwa zur Windkraft organisieren wir Exkursionen und fahren mit kommunalen Vertretungen, Entscheiderinnen und Entscheidern direkt zu einem Windpark. Dort steht man dann unter einem 220 Meter hohen Turm und darf staunen, wie leise die Rotoren sich drehen. Auch Aspekte wie der Vogelschutz bleiben da nicht ausgespart.

Eines unserer bedeutendsten Bildungs-Projekte ist "plenergy", ein Planspiel zur Energiewende, das Jugendliche mit der Lokalpolitik und örtliche Initiativen zusammenbringt. So kann sich beispielsweise eine Schulklasse ein Projekt ausdenken und ausformulieren, das sie dem Bürgermeister und dem Gemeinderat vorstellt. Neben guten Ideen ist da auch eine überzeugende Argumentation gefragt, um andere mitzuziehen, und man lernt quasi nebenbei die Abläufe in der Kommunalpolitik kennen.

Eher zum Ausruhen, bekannt und beliebt ist unsere "SmartBench". Das ist eine Bank mit integriertem Photovoltaikmodul, Batteriespeicher und WLAN-Router, um ins Internet zu gehen, während man sein Handy "grün" auflädt. Es freut uns, dass die SmartBenches in fast allen Kommunen beliebte Anlaufpunkte sind, wo man sich gern niederlässt, Freunde oder Bekannte trifft und ganz altmodisch offline einen Schwatz hält.

Udo Sahling (re.) im Gespräch mit Avacon-Kommunalreferent Frank Glaubitz
Udo Sahling (re.) besucht mit Avacon-Kommunalreferent Frank Glaubitz eine SmartBench in Barsinghausen in der Region Hannover.

Hat sich die Arbeit im Lauf von zwanzig Jahren KSA sehr verändert?

Was Themen angeht, bleiben einige Konstanten. Beispielsweise die Impulsberatung für Haushalte, Bürgerinnen und Bürger und für Betriebe. Sparsame Hausgeräte sind immer gefragt, effiziente Beleuchtung ebenso. Manche Themen bleiben uns länger erhalten, als uns lieb ist: Beim Thema Erneuerbare Energien hat die Politik auf einigen Feldern viel Zeit verloren. Wir freuen uns, wenn wir Dinge in Gang halten oder in Fahrt bringen können, die nicht nur nach unserem Geschmack etwas mehr Tempo vertragen, sondern für den Klimaschutz unabdingbar sind.

Ob Fabrikgebäude, Stadtquartiere oder Großgeräte im Haushalt, wir betonen immer, dass jede Kilowattstunde Strom, die nicht mit Kohle erzeugt oder effizient eingespart wird, einen Gewinn für die Umwelt und für unsere Zukunft darstellt. Wir versuchen positiv zu motivieren, Katalysator für Neues zu sein.

 

Welche Projekte verfolgen Sie zurzeit?

Seit kurzer Zeit ist mit VW Nutzfahrzeuge ein großer Partner aktiv in unserem Förderverein. Mehrere Autohäuser von VW in und um Hannover sind auch dabei. Sie vermarkten ihre Elektrofahrzeuge und überlegen auch, wie in zehn oder zwanzig Jahren die Ladeinfrastruktur aussehen soll. Daraus ergeben sich Anstöße in beide Richtungen, mit Blick auf umweltfreundliche Mobilität ebenso wie auf erneuerbaren Strom. Und wie beides im Stadtquartier ankommt, daran beteiligen sich kompetente Mitarbeiter in den Kommunen, in den Wohnungsbaugesellschaften und bei den Energiedienstleistern. Avacon ist ein wichtiger Wirtschaftspartner, mit dem wir schon seit 2008 sehr gut zusammenarbeiten. Ganz konkret bei vielen Klimaschutzbildungsprojekten in Schulen und Kitas, bei E-Bikes und Baumpflanzaktionen für bzw. in Kommunen, bei energetischen Stadtquartierskonzepten und deren Umsetzung, aber auch mit Innovationen und Impulsen für eine künftige Wasserstoffwirtschaft, und, kaum zu überschätzen, durch die intensive Kooperation von Avacon mit vielen Stadtwerken in der Region.

Udo Sahling (re.) im Gespräch mit Avacon-Kommunalreferent Frank Glaubitz

Gehen Sie ohne eine Spur von Resignation?

Dafür hatte ich zwanzig Jahre lang keine Zeit. Im Ernst gesprochen: Die Entwicklungen, die die KSA anstoßen konnte, entmutigen nicht. Ich erinnere an die Bundestagswahl: Sie war in großen Teilen eine Klimawahl. Hinter ihre Versprechen im Wahlkampf können die Parteien kaum mehr zurück. Die Bundesrepublik hat sich zu dem Ziel der Klimaneutralität bekannt und verpflichtet. Wenn das bis 2045 klappen soll, müssen die Anstrengungen intensiviert und das Tempo erhöht werden. Die Wählerinnen und Wähler und vor allem junge Menschen erwarten das. Eine Handhabe gibt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen März 2021. Es verpflichtet das Handeln der Bundesregierung und aller staatlichen Ebenen darauf, die Lebensbedingungen künftiger Generationen zu achten, es darf den Kindern und Jugendlichen von heute nicht ihre Chancen und ihre Wahlfreiheit verbauen, so zu leben, wie sie leben wollen. In einer lebenswerten Umwelt und nicht im riskant überhitzten Treibhaus Erde.

Last but not least spiegelt sich in deutschen Unternehmen mehr und mehr die Dynamik der ganzen Entwicklung. Sie greifen im eigenen Interesse Ideen und Impulse auf, um Vorreiter künftiger Entwicklung zu werden, vielleicht Technologieführer zu sein und auch mit entsprechenden wirtschaftlichen Erfolgen belohnt zu werden. Die Rahmenbedingungen dafür werden heute abgesteckt.

 

Was werden sie zuerst vermissen, wenn Sie bei der KSA "von der Brücke" gegangen sind?

Vermissen werde ich die engagierten Kolleginnen und Kollegen bei "meiner" KSA. Sie sind hochkompetent und arbeiten exzellent und werden hoffentlich dafür belohnt, dass sie so wichtige Dinge wie umweltfreundliche Energie, klimafreundliches Wohnen und nachhaltige Mobilität voranbringen. Ich werde auch die vielen Menschen vermissen, die sich offen und ehrlich, in zugegeben häufig beschränktem Rahmen im Netzwerk engagiert haben. Mit Prognosen soll man sich bekanntlich zurückhalten, aber meine Nachfolgerin wird es vielleicht einfacher haben, wird günstigere Rahmenbedingungen antreffen, um Entwicklungen anzustoßen und zu gestalten. Beneidenswert, hoffe und wünsche ich.

Klimaschutzagentur Region Hannover begrüßt neue Geschäftsführerin

Anja Floetenmeyer-Woltmann
Foto: Mirko Bartels

Neue Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Region Hannover GmbH ist seit dem 1. Januar 2022 Anja Floetenmeyer-Woltmann. „Die Aufgabe, Klimaschutz und Energiewende in der Region Hannover gemeinsam mit dem großen Netzwerk der Agentur voranzutreiben, ist großartig. Die Klimaschutzagentur Region Hannover ist dafür das richtige Organ. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit,“ sagt die Kommunikationswirtin.

Die neue Geschäftsführerin war zuletzt im Medienkonzern Madsack tätig und hatte unter anderem das Verkehrswende-Projekt „Hannover bewegt sich – Mobilität neu denken“ verantwortet.

KSA Region Hannover

Den entscheidenden Impuls zur Gründung einer Klimaschutzagentur Region Hannover (KSA) gab die Expo 2000. Millionen Besucher gingen, viele Anregungen für die Zukunft der Landeshauptstadt und der Region blieben. Sie sollten eine feste institutionelle Form erhalten: die KSA. Seit 2001 berät sie Bürgerinnen und Bürger, einzelne Akteure ebenso wie Initiativen und Unternehmen in Sachen Klimaschutz. Die Agentur versteht sich als universelle Ansprechpartnerin und kompetente Ratgeberin für alle am Klimaschutz Interessierten in und um Hannover. Als gemeinnützige GmbH für die Region verfolgt sie keine eigenen wirtschaftlichen Interessen, sondern informiert und berät, gibt Anregungen und entwickelt Projekte und Kampagnen. Ihre Veranstaltungen, in Corona-Zeiten vermehrt auch virtuell, erreichen Interessierte und Engagierte, Laien und Experten weit über den engeren Umkreis hinaus.

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