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Tipps vom Experten

So können Kommunen ihre Vogelbestände schützen

© Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg e. V.

Vögel sind ein besonders guter Indikator für den Zustand unserer Natur. Denn bei kaum einer anderen Tiergruppe werden Bestände und Populationsentwicklung so genau beobachtet. Während seltene Vogelarten durch gezielte Schutzmaßnahmen in den vergangenen Jahren wieder zugenommen haben, ist die Zahl der weit verbreiteten Vögel in unserem Land stark rückläufig. Wir haben Lars Lachmann, Vogelschutzexperte des NABU, gefragt, was Kommunen für den Schutz der heimischen Vögel tun können.  
Lars Lachmann vom NABU
© NABU

Warum gehen die Bestände von Star, Sperling, Schwalbe und Co. in Städten und Gemeinden so stark zurück?

Die eigentlich häufigen Vogelarten sind die großen Verlierer der vergangenen Jahre. Aber man muss nach den Lebensräumen unterscheiden: Während die Bestände im Wald und im Siedlungsraum recht stabil sind, gibt es einen drastischen Verlust bei den Vögeln der Agrarlandschaft. Da diese über die Hälfte der Fläche Deutschlands ausmacht, bestimmt das auch insgesamt den Abwärtstrend bei unseren Vögeln: In den letzten zwölf Jahren ist ihre Gesamtzahl um 15 Prozent zurückgegangen. Ursache dafür ist insbesondere die immer intensivere Landwirtschaft, zu der unsere Landwirte durch die Agrarpolitik gezwungen werden. Vor diesem Hintergrund werden unsere Städte und Gmeinden immer mehr zum Refugium für viele Vogelarten. Wir sollten daher unsere Gärten und Parks als Mini-Naturschutzgebiete betrachten und sie entsprechend naturfreundlich gestalten. Jedoch können nicht alle Feldvogelarten einfach in die Stadt umziehen. Für Rebhühner und Feldlerchen gibt es dort keine Überlebensmöglichkeit.

Die Insektenpopulation hat in den vergangenen Jahren rapide abgenommen. Vögel finden dadurch immer schwieriger ausreichend Nahrung. Wie können Kommunen gegensteuern?

Ohne Insekten können nur wenige Vogelarten überleben. Insektenfresser, zu denen alle unsere Zugvögel zählen, gehören daher zu den am schnellsten abnehmenden Arten. Genauso gefährdet sind aber auch Körnerfresser, die sich von Wildkräutersamen ernähren. Denn sie finden heute sowohl in der Agrarlandschaft als auch in vielen Gärten und Parks nicht mehr ausreichend zu fressen. Hier können Städte und Gemeinden aktiv werden, indem sie die Ränder kommunaler Verkehrswege weder mit Gift noch mit Dünger behandeln und sie nur selten abmähen. Je mehr unterschiedliche Pflanzen, desto mehr Insekten gibt es auch.

In der Feldflur sind viele Wegränder, die eigentlich der Kommune gehören, im Laufe der Zeit in die angrenzenden Felder einverleibt worden. Städte und Gemeinden können diese Flächen zurückgewinnen, indem sie die ursprünglichen Grundstücksgrenzen wiederherstellen lassen und so naturnahe Pufferstreifen etablieren.

Auch auf öffentlichen Grünflächen sollten weder Gifte noch Dünger verwendet werden. Bei der Gehölzauswahl sollte heimischen und laubtragenden Büschen und Bäumen der Vorzug vor immergrünen Gehölzen gegeben werden. Sie bieten wesentlich mehr Insekten Lebensraum.

Auch geeignete Nist- und Brutplätze sind entscheidend, um den Rückgang der Vogelbestände zu stoppen. Welche Tipps können Sie Städten und Gemeinden dafür geben?

Für die klassischen Höhlenbrüter, wie Meisen, Kleiber oder Sperlinge, kann man durch Nistkästen leicht Abhilfe schaffen. Auch für andere Arten, wie Waldkäuze oder Waldohreulen, gibt es spezielle Nisthilfen. Ganz wichtig sind aber auch die Nistplätze an Gebäuden. Diese gehen zunehmend verloren – entweder durch unbedacht durchgeführte Renovierungen, Wärmedämmungen oder Neubauten, die keine Verstecke und Nischen mehr aufweisen. Arten wie Mauersegler, Turmfalke, Mehl- und Rauchschwalbe, Hausrotschwanz sowie Haus- und Feldsperling brüten fast ausschließlich an Gebäuden. Hier sollten Kommunen bei der Erteilung von Baugenehmigungen darauf achten, dass verlorengehende Nistplätze ersetzt werden. Auch bei der Aufstellung von Bebauungsplänen können Städte und Gemeinden Auflagen für naturnahe Gärten oder Nistmöglichkeiten an neuen Immobilien festlegen.

Was sind darüber hinaus Gefahren, denen Kommunen durch Schutzmaßnahmen vorbeugen können?

Etwa 100 Millionen Vögel verunglücken pro Jahr in Deutschland an Glasflächen von Gebäuden. Kommunen können dagegen etwas unternehmen, indem sie dafür sorgen, dass bei öffentlichen Gebäuden, beispielsweise Wartehäuschen von Bushaltestellen, keine Durchsicht- oder Spiegelungssituationen entstehen. Das kann durch eine entsprechende Gestaltung beim Bau oder durch Beklebung gefährdeter Glasflächen mit Mustern geschehen. Gebäuden, die eine große Vogelschlaggefahr darstellen würden, sollte nur bei ausreichenden Vermeidungsmaßnahmen eine Baugenehmigung erteilt werden.

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