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Konzept mit Modellcharakter

Pilotprojekt in Burgwedel sensibilisiert für Demenz

Aufgrund der demografischen Entwicklung müssen sich Städte und Gemeinden auf altersbedingte erkrankte Bevölkerungsschichten einstellen. Die Stadt Burgwedel zeigt, wie das funktionieren kann – und entwickelt mit dem Pilotprojekt „Burgwedel auf dem Weg zu einer demenzsensiblen Kommune“ ein Konzept mit Modellcharakter.

Nina Marie Dierking, die Case-Managerin der Stadt, macht das Unterstützungsangebot von Burgwedel für Demenzerkrankte und deren Angehörige regelmäßig im Krankenhaus bekannt. (©Stadt Burgwedel)

Mit dem Vorhaben beteiligt sich die Stadt in der Region Hannover aktiv daran, sozialen und gesundheitlichen Belangen von Menschen bedarfsgerecht zu begegnen. Schon seit eineinhalb Jahren setzen sich Mitarbeiter der Stadt mit Partnern dafür ein, Menschen für die Krankheit Demenz zu sensibilisieren. „Geplant sind Schulungen in Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft, um Vorurteile und Berührungsängste abzubauen“, so Bürgermeister und Projektleiter Axel Düker. „Die Veranstaltungen richten sich an alle, die Kundenkontakt haben oder in der Öffentlichkeit stehen.“ Das ist aber nicht alles: Eine Case-Managerin begleitet Betroffene sowie Angehörige, berät und vermittelt Unterstützungsangebote, baut ein Netzwerk mit weiteren Hilfsmöglichkeiten auf. Organisiert wird unter anderem auch ein inklusives Senioren-Kino. „Das Angebot wird sehr gut angenommen und es bilden sich dafür sogar Fahrgemeinschaften.“

Konzept auch in anderen Kommunen anwendbar

Das Projekt, das vom Gesundheitsministerium Niedersachsen mit 100.000 Euro gefördert wird, hat Modellcharakter: „Wir entwickeln ein Konzept, das sich auf andere Kommunen übertragen lässt.“ Auch zukünftig wird das Thema Demenz eine Rolle in Burgwedel spielen. „Unsere guten Erfahrungen aus dem Projekt werden wir weiterhin nutzen und ausbauen“, berichtet Axel Düker.

© Stadt Burgwedel

WHO prognostiziert Verdreifachung der Demenzfälle bis 2050

Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass die Zahl derjenigen Menschen, die von Alzheimer oder anderen Demenzerkrankungen betroffen sind, stark ansteigen wird. Weltweit könne sich die Zahl von etwa 50 Millionen Menschen, die weltweit von der Krankheit betroffen sind, bis 2050 fast verdreifachen, so eine WHO-Expertin in einem Bericht der Tagesschau.

Demenz ist ein Aspekt des Älterwerdens. Ein neues Alter ist entstanden. Menschen werden nicht nur älter als früher, sondern auch anders. Demenz ist eine der häufigsten gerontopsychiatrischen Krankheiten im Alter. Die bekannteste Form ist die Alzheimer Erkrankung.

In Deutschland leben über 1,7 Millionen (Stand Juni 2018) an Demenz erkrankte Menschen. Die Versorgung der Betroffenen stellt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – Geburtenrückgang, Anstieg der Lebenserwartung und der gesellschaftlichen Veränderungen, veränderte Familien- und Haushaltsstrukturen – eine immer größere Herausforderung dar. Der Bedarf an häuslicher Pflege wird in Zukunft noch steigen.

Demenz und Kommune

Menschen mit und ohne Demenz treffen tagtäglich an vielen Orten aufeinander – in der Familie, in speziellen Einrichtungen der Pflege und Betreuung, in der Öffentlichkeit. Nicht nur familiär und beruflich Pflegende kommen mit Demenzerkrankten in Berührung, sondern auch Mitarbeitende der Bäckerei an der Ecke, das Personal von Arztpraxen, Polizei oder Feuerwehr. Das Umfeld kommt oftmals schlecht in den Situationen mit Demenzerkrankten zurecht, es herrscht häufig ein lückenhaftes Bild und Wissen über Demenz. Spezialisten aus Pflege und Medizin sollen auf ergänzende Unterstützungsstrukturen hinweisen können.

Ganz gleich wo die Erkrankten leben, sie dürfen als Mitbürger nicht vergessen werden – auch wenn sie vergesslich geworden sind. Menschen mit Demenz muss der Zugang zur Gesellschaft und zum sozialen Miteinander in der Kommune barrierefrei und sensibel gestaltet werden. Die Fragen, die sich somit für eine Kommune stellen, sind vielfältig: Wie kann sie sich auf Demenzerkrankte und deren Angehörige einstellen und Unterstützung realisieren? Welche Maßnahmen zur besseren Orientierung bieten sich zum Beispiel im Nahverkehr und in der Infrastruktur an? Wie können Angehörige bei der Pflege und Betreuung unterstützt werden? Wie dicht ist das Netz der medizinischen Versorgung und der ambulanten Versorgungsstrukturen innerhalb der Stadt? Welche Angebote, etwa Sport, Treffpunkte, Tanzveranstaltungen oder Kultur, können die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen und somit der Isolation im Alter vorbeugen und entgegenwirken?

Mehr und mehr Kommunen reagieren mit guten Beispielen

Neben Burgwedel stellen sich auch andere Kommunen auf die besonderen Bedürfnisse einer älterwerdenden Gesellschaft ein und berücksichtigen den demografischen Wandel. Sie sehen darin einen wichtigen Beitrag für ein lebenswertes, bedarfsentsprechendes Umfeld in der Kommune.

Demenz ist jedoch nicht das einzige Thema, sondern auch Fragen und Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität für ältere Menschen treten zunehmend in den Vordergrund. So hat zum Beispiel die Gemeinde Werther bei Halle in Westfalen die Initiative „Netzwerk älter in Werther“ gegründet. Hier geht es etwa um altersgerechte und bezahlbare Wohnungen, die Gestaltung von Gehwegen sowie die Anzahl von Bänken und um den Zugang zu den Toiletten im öffentlichen Raum.  

Hintergrund zum Pilotprojekt „Burgwedel auf dem Weg zu einer demenzsensiblen Kommune“

Im November 2015 wurde in der Gesundheitsregion Region Hannover erstmals eine Steuerungsgruppe ins Leben gerufen, dieser gehört auch Axel Düker, der Bürgermeister Burgwedels, an. Weitere Mitglieder sind: Vertretungen von Krankenhäusern, der ambulanten Pflege und der stationären Pflege, aber auch Mitglieder der Ärztekammer und Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen sowie Selbsthilfegruppen und Vertretungen der Kommunen.

Die daraus entstandene Arbeitsgruppe II „Ganzheitliche Versorgung in Pflege, Medizin und Betreuung am Beispiel Demenz“ erstellte einen Projektantrag, der im Sommer 2017 beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung eingereicht wurde. Das Ziel dieser Projektidee beinhaltet die ganzheitliche Versorgung in Pflege, Medizin und Betreuung sowie die Vernetzung aller Akteure am Beispiel Demenz. Dadurch wird eine Unterstützungs- und Begleitungsstruktur gewährleistet sein, die als Leuchtturmfunktion auf andere Kommunen übertragbar ist. Durch den ganzheitlichen Ansatz werden Betroffene in ihren Kompetenzen und ihrer Selbstbestimmung gestärkt und die Angehörigen sowie das gesellschaftliche Umfeld unterstützt. Im November 2017 bekam die Arbeitsgruppe II den positiven Bescheid vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, seit Dezember 2017 befindet sich das Projekt in der Umsetzungsphase. Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre und wird mit 100.000 Euro vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gefördert.

Hauke Jagau, Regionspräsident der Region Hannover (© Sandra Wille)

Hauke Jagau, Regionspräsident der Region Hannover, freut sich über die Entscheidung des Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, dieses Projekt ausgewählt zu haben.

 „Die Förderung des Projektes durch das Ministerium ist ein wirklich toller Erfolg für uns und alle Beteiligten. Dass das Projekt als eines von 18 eingereichten Konzepten ausgewählt wurde, zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, indem wir uns frühzeitig um die künftige Gesundheitsversorgung der Bürger Gedanken machen.“

Hauke Jagau, Regionspräsident der Region Hannover

Axel Düker, Bürgermeister der Stadt Burgwedel (© Michael Plümer)

In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung äußerte sich Bürgermeister Düker wie folgt zum Pilotprojekt:

„Uns ist wichtig, dass wir vorhandene Strukturen nutzen und ausbauen, aber auch neue Projektpartner miteinander vernetzen.“

Axel Düker, Bürgermeister der Stadt Burgwedel