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Bibliotheken als Innovationsorte

Auf dem Land der Welt ganz nah

Welche Rolle können Bibliotheken im digitalen Zeitalter eigentlich übernehmen? Teilweise haben sie sich vom als antiquiert wahrgenommenen Ort der Buchleihe zu einem echten Innovationsträger entwickelt. Menschen aus allen Schichten und Altersklassen finden dort Angebote, die Wissen vermitteln, inspirieren und auf den technischen Fortschritt einstimmen. Insbesondere im ländlichen Raum werden Bibliotheken zur wichtigen Anlaufstelle, um ein kulturelles Angebot mit den Chancen der Digitalisierung zu verknüpfen.

Die Bibliothek ist ein besonderer Ort und Hort für Wissen, Wissen und noch mehr Wissen. Waren es im alten Ägypten noch wertvolle wissenschaftliche und religiöse Werke auf Papyrus, nahm die neue Ära der Bibliotheken spätestens mit der Renaissance der Buchdruckkunst im 19. Jahrhundert ihren Lauf. Dabei sorgte der systematische Auf- und Ausbau von Sammlungen, die zunehmend auch dem normalen Bürger zugänglich waren, für die Etablierung der Bibliothek als Ort für Bildung und Kultur.

Lebenslanges Lernen

Die ersten öffentlichen Einrichtungen in Deutschland entstanden im 17. Jahrhundert in Nürnberg, Augsburg, Leipzig und Hamburg – Großstädte, die aus ihrer wirtschaftlichen Entwicklung heraus kontinuierlich an Innovationen in den verschiedensten Branchen interessiert sind. Den ländlichen Raum hingegen erreicht der Fortschritt erst mit einiger Verzögerung – oder er wandert durch den demografischen Wandel von dort wieder ab. Die Attraktivität des ländlichen Raumes sinkt und die Menschen verlieren den Anschluss an kulturelle und innovative Angebote der Gegenwart. Moderne Bibliotheken können und sollten hier als Innovationsträger entgegenwirken. Die Zusammenarbeit mit Stadt und Kommune ist dabei unabdingbar, um notwendige Arbeitsabläufe und Strukturen zu schaffen und die gewonnenen Erfahrungen auf andere Einrichtungen zu übertragen. 

Die Zeit ist reif

Das vergangene Jahrzehnt zeigt: Die Bedeutung von Bibliotheken hat sich im Zuge der Digitalisierung gewandelt. Aufgaben, Strategien und nicht zuletzt das Sortiment wurden angepasst und neu definiert. So stellen Bibliotheken längst nicht mehr nur gedruckte Medien wie Bücher, Fach- und Tageszeitschriften, Datenträger wie CDs, DVDs sowie Online-Datenbanken bereit. In Workshops, Seminaren, Kolloquien und Ausstellungen vermitteln sie inzwischen auch den Umgang mit digitalen Medien und deren Inhalten und bilden somit die Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Welt.

Um die Funktion als Netzwerknotenpunkt für die digitale Transformation effektiver zu gestalten, bieten Bibliotheken E-Reader-Sprechstunden, Social-Media-Schulungen und Gaming-Events an und übernehmen damit eine gesellschaftliche Vermittlungsaufgabe, die in dieser Form sonst nur von privaten Anbietern übernommen wird. 

Thomas Barz, Bürgermeister von Genthin (© Thomas Barz)
Die Gewohnheiten der Bibliotheksnutzer verändern sich

Während die Medien-Ausleihe eher rückläufig ist, steigt die Nutzung der zusätzlichen Angebote merklich. Denn ein sicherer Umgang mit digitalen Medien begünstigt die Chancengleichheit und stärkt die Zivilgesellschaft – inklusive Flüchtlinge und Migranten, deren Integration mit Sprachkursen und Leseförderprogrammen begleitet wird.

Die Mehrheit der Menschen nutzen eine Bibliothek als Ort zum Lesen, Lernen, Arbeiten, Spielen und als Begegnungsstätte – gerade in ländlichen Gebieten eine ungemein wichtige Rolle, die mit Zahlen kaum zu beziffern ist. Um diesem erhöhten Bedarf gerecht zu werden, integrieren daher viele Bibliotheken mehr Lesesäle und schaffen weitere Computerarbeitsplätze. Aber auch an die kleinen Bücherwürmer wird gedacht. So bietet beispielsweise die Stadt- und Kreisbibliothek der Einheitsgemeinde Genthin im Landkreis Jerichower Land für Kinder im Alter von vier bis elf Jahre wöchentlich Tablet- und Bastelkurse an. Dort trifft digitale Welt auf handwerkliches Geschick.

„Wir möchten Kindern auf diese Weise frühzeitig den sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit modernen Medien wie einem Tablet vermitteln und dabei zugleich ihre Lese- und Bastelfreude fördern“, erklärt Bürgermeister Thomas Barz das Engagement der Genthiner Bibliothek. Ein Konzept, das offenbar aufgeht. „Die Angebote sind gut besucht, die Resonanz ist hervorragend und zeigt uns, dass wir damit einen Nerv getroffen haben.“

Mandy Zepig, Bürgermeisterin von Gardelegen (© Mandy Zepig)
Bibliotheken besser kennenlernen

Auch in der Hansestadt Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel spielt das Tablet eine wichtige Rolle: Mit dem handlichen Mini-Computer im Gepäck begaben sich unter anderem der Landtagsabgeordnete Jürgen Barth (SPD), Katharina Gawert von der Volksbank, Daniela Arndt von der Sparkasse und Bettina Timme, Mitglied des Fördervereines der Bibliothek, auf eine digitale Schnitzeljagd, auf der die Teilnehmer Fragen beantworten und Aufgaben erfüllen mussten. Dabei lernten sie via App die Bibliothek und ihre Leistungen besser kennen. Für die Altmark ein einzigartiges Projekt, das 2014 mit dem Bibliothekspreis der Wirtschaftskammern Sachsen-Anhalt ausgezeichnet wurde.

„Diese Auszeichnung hat verdeutlicht, wie wichtig Weiterentwicklung auch im Bibliothekswesen ist und dass dies auch und gerade im ländlichen Raum passiert“, betont die Bürgermeisterin Mandy Zepig (SPD). „Wir sind stolz, dass wir in der Hansestadt Gardelegen damit den richtigen Weg beschreiten, nämlich den in die Zukunft des Bibliothekswesens. Es wird immer mehr das Erlebnis mit der Vermittlung von wertvollem Wissen verbunden sein.“ 

Martin Schlake, Bürgermeister von Twistringen (© Martin Schlake)

Ein anderes Beispiel, das ebenfalls Schule machen könnte: Jüngst hat die Online-Bibliothek „Onleihe on Tour – Deine Bibliothek (für) unterwegs!“ von „biblio24“ in sachsen-anhaltinischen Städten Station gemacht, um ihr neues Projekt vorzustellen. Bücher, Zeitschriften, Hörbücher oder Filme können einfach via Internet ausgeliehen werden – ein Mausklick und schon steht der gewünschte Artikel zur Verfügung.

Die vollständig digitale Variante dieses Prinzips bietet „NBib24 – Ihre 24-Stunden-Bibliothek im Internet“. Auf www.NBib24.de findet sich dieses Portal, in dem Nutzer diverse digitale Medien wie E-Books, E-Papers, E-Audios und E-Videos Tag und Nacht spielend leicht ausleihen können. Alle Kunden von teilnehmenden Bibliotheken können dieses Angebot wahrnehmen – zum Beispiel jene der Bibliothek in Twistringen im Landkreis Diepholz. „Das ist ein toller Service, der viele Kulturbegeisterte anspricht“, erklärt der parteilose Bürgermeister Martin Schlake. „Ob Romane für Lesefreunde, Fachinformationen für Schüler und Studenten, das neue Album der Lieblingsband oder ein Film fürs Wohnzimmerkino – bei NBib24 findet jeder, was er sucht. Auch ich nutze das Portal ab und an.“ Dank dieses Angebots kann eine Bibliothek ihr digitales Portfolio erweitern, wobei derzeit maximal zehn Medien parallel ausgeliehen werden dürfen. 

Starker Partner für die Region

Bibliotheken kennen keine Grenzen. Deshalb können sie nicht nur in Städten, sondern auch im ländlichen Raum ein idealer Ort sein, um die Region zu beleben und weiterzuentwickeln. Oftmals gelten sie als letzte nicht-kommerziell genutzte Kultur- und Bildungseinrichtung, von der Jung und Alt profitieren. Bibliotheken sollten die nötige Unterstützung erfahren, um die digitale Transformation voranzutreiben. Dafür bilden vor allem eine gute Infrastruktur, eine technische Grundausstattung einschließlich leistungsstarkem WLAN-Netzsowie die entsprechenden Räumlichkeiten und ein geschultes Personal beste Voraussetzungen.

Während zwei Drittel der europäischen Nationen wie Dänemark und Finnland ein Bibliotheksgesetz haben, gilt in Deutschland ein Bibliotheksangebot als eine freiwillige Leistung. Aus diesem Grund fristet ein Großteil der 9.000 öffentlichen deutschen Bibliotheken eher ein Schattendasein. Weniger als die Hälfte werden von einem kommunalen Träger mit einem hauptamtlich Verantwortlichen geführt. Einige Kommunen erkennen das Potenzial einer modernen Bibliothek bisher nicht und unterstützen daher auch nicht deren Etablierung oder Entwicklung. Die Beispiele aus Genthin und Gardelegen beweisen jedoch, wie Bibliotheken zum vielseitigen Instrument und Innovationsträger einer ganzen Region werden können. Nachmachen erlaubt!