24/7 für Sie erreichbar

Wir sind jederzeit für Sie erreichbar. Wählen Sie hier Ihren gewünschten Kontaktkanal aus.

Interview mit Frank Nase, Bürgermeister der Gemeinde Barleben im Landkreis Börde

Kommune fit für die Zukunft?

Frank Nase (36) ist Mitglied im Netzwerk Junge Bürgermeister*innen. Im Interview spricht der Bürgermeister der Gemeinde Barleben im Landkreis Börde über die Herausforderungen kommunaler Arbeit in der Zukunft und seine Motivation, diese anzugehen.

Bürgermeister Frank Nase
Bürgermeister Frank Nase der Gemeinde Barleben

Herr Nase, seit 2018 sind Sie hauptamtlicher Bürgermeister der Einheitsgemeinde Barleben. Wie sind Sie in die Kommunalpolitik gekommen?

Als junger Mensch war ich im Bereich Sport und im Jugendclub bereits in Vereinen engagiert. Ich habe dort früh Verantwortung übernommen, mich in die Aufgaben und Problemfelder einarbeiten dürfen und müssen, die entstehen, wenn man für eine große Anzahl an Personen zuständig ist. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Der Erfolg hat mich angespornt, mich auch für die Gemeinde einzusetzen. Dort habe ich eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten gemacht, die ich 2007 abgeschlossen habe. Ich wollte verstehen, wie Kommunalpolitik funktioniert und mich einbringen für meine Mitmenschen, für unsere Gemeinde, für unsere schöne Börde und für das Land Sachsen-Anhalt. Mit den Jahren hat sich mein Wirkungskreis immer weiter vergrößert. Nach meinem berufsbegleitenden Studium bin ich Mitglied des Ortschaftsrates und ehrenamtlicher Ortsbürgermeister in Barleben geworden. Es motiviert mich ungemein, die zukünftige Lebenswelt meiner eigenen Kinder mitgestalten zu können. Das treibt mich jeden Tag an.

 

Sie sind Mitglied des Netzwerkes Junge Bürgermeister*innen. Was hat es damit auf sich?

Ich war Vorsitzender der Jungen Union Börde und im Landesrat der Jungen Union. Die Mitglieder dort sind alle unter 35 Jahre alt. Die Altersstruktur bedingt einen etwas anderen Zugang zu Themen junger Familien wie Arbeits- und Ausbildungsplätze oder Schulförderung. Wir haben uns über sehr spezifische Inhalte ausgetauscht, zum Beispiel zur Gemeinnützigkeit von eSport. Gemeint ist damit der „Leistungssport“ aus dem Videospielbereich. Auch bei Fortbildungen und Netzwerktreffen des Innovators Club des Deutschen Städte- und Gemeindebundes hat sich gezeigt, dass sich jüngere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ein eigenes Format wünschen. Das Ziel war ein parteiunabhängiger Austausch auf Augenhöhe. Anfang 2019 fand in Berlin die Auftaktveranstaltung mit über 50 Teilnehmern statt. Das war eine tolle Veranstaltung, weil wir gemerkt haben, dass wir alle die gleichen Fragen haben und dabei vielleicht eine etwas andere Herangehensweise als unsere älteren Kollegen. Gerade im Umgang mit der Corona-Pandemie bot das Netzwerk einen echten Informationsvorsprung: Ich war früh mit Mitgliedern aus Bayern oder Nordrhein-Westfalen in Kontakt. Die Erfahrungswerte dort waren sehr wertvoll, da wir in Sachsen-Anhalt noch nicht so hohe Fallzahlen hatten und uns entsprechend vorbereiten konnten.

 

Wie sehen Sie sich selbst, eher als Krisenmanager oder als Zukunftsgestalter?

Ich bin Optimist. Krisen kann und wird es auch in Zukunft geben. Während man sie bewältigt, darf man die Zukunft nicht vernachlässigen. Daher sehe ich mich eher als Letzteres.

 

Welche Themen sind besonders wichtig für die Zukunft der kommunalen Arbeit?

Die größte Herausforderung ist es, Ökonomie und Ökologie in Einklang miteinander zum Wohle der Bürger weiterzuentwickeln. Besonders bedeutend ist dabei Schwerpunkt Energie. Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien sind für mich ebenso Themen wie Elektromobilität und Photovoltaik-Anlagen. Die kann man ja nicht nur in Ortslage auf Dächern anbringen, sondern könnte sie auch hier in der Börde in stehenden Gewässern als sogenannte „floating“ Solaranlagen nutzen. Es geht darum, die ökologische Energiegewinnung ökonomisch zu betreiben und dabei nachhaltig zu denken.

Auch die Digitalisierung wird uns weiter beschäftigen. Das fängt im Kleinen mit der Verfügbarkeit von kostenlosem WLAN in öffentlichen Einrichtungen an und geht über den Glasfaser- und Breitbandausbau bis zur Etablierung der 5G-Technologie für private und industrielle Nutzung. Man kann sogar jetzt schon an 6G denken. Im Bildungsbereich gibt es außerdem einiges zu tun, gerade was digitale Infrastruktur für Schulen betrifft. Das sind für uns wichtige Themen, die die nähere Zukunft beeinflussen.

 

Was brauchen Kommunen, um zukunftsfähig zu sein und zu bleiben?

Ich glaube da sind sich alle kommunalen Vertreter einig: Wir brauchen in erster Linie eine verlässliche Finanzausstattung. Wir in Barleben bestreiten einen beträchtlichen Teil unseres Haushaltes aus Gewerbesteuereinnahmen. Seit einigen Monaten befinden wir uns in einer Rezension, die noch jahrelang nachwirken wird. Das bisherige Einnahmenniveau wird voraussichtlich erst zwischen 2023 und 2028 wieder erreicht werden können. Die Kommunen brauchen Planungssicherheit. Wir leisten über die Umlage gerne solidarisch unseren Beitrag zu den Kreisfinanzen. Barleben zahlt dazu in die Finanzmasse des Finanzausgleichgesetzes des Landes ein. Das liegt in erster Linie an unseren Gewerbesteuereinnahmen. Das bedeutet jedoch, dass die Fallhöhe durch die Corona bedingten Ausfälle dort jetzt enorm ist. Wenn wir dann von unseren Einnahmen weiterhin bis zu 65 Prozent abführen müssen, ist die finanzielle Belastung gewaltig. Wir können Kredite aufnehmen, aber die Kommunen müssen ihre tagtäglichen Aufgaben erfüllen können, ohne sich dabei auf Jahrzehnte zu überschulden. Ich kann ja schlecht im Kindergarten das Wasser abdrehen oder einfach von heute auf morgen Stellen streichen.

V.l.n.r.: Frank Nase (Bürgermeister der Gemeinde Barleben), Julia Kranenberg (Personal-Vorständin Avacon) und Thomas Braumann (Avacon-Kommunalreferent) (© Avacon)
Frank Nase (hier mit Avacon-Vorständin Julia Kranenberg und Avacon-Kommunalreferent Thomas Braumann (v.l.)) hat noch viel vor: zum Beispiel mit Avacon eine Solarbeleuchtung für den „Überland-Radweg“ einrichten

Wie wird sich kommunale Arbeit verändern?

Sie wird sich verändern. Wir müssen uns zugestehen, durch Kassenkredite etc. Schulden aufzunehmen. Diese historisch einmalige Krise erfordert besondere Anstrengungen. Wir dürfen uns den Mut nicht nehmen lassen, richtige und wichtige Dinge auch weiterhin zu tun, weiterhin zu investieren und den Investitionsstau abzubauen. Die Volkswirtschaft stärken heißt: Geld ausgeben, unsere PS auf die Straße bringen. Die Kommunen können hier als wichtiger Wirtschaftsfaktor Impulse setzen. Dabei gilt es, nachhaltig zu denken. Mit Avacon haben wir schon einige Zukunftsprojekte erfolgreich umgesetzt.

Als junger Bürgermeister bin ich angetreten, generationengerecht zu handeln. Wir wollen uns natürlich nicht auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder verschulden. Aber Investitionen – auch mit Schulden – empfinde ich als generationengerecht, da sie als Initialzündung für eine Überwindung der Krise dienen. Wir haben die große Chance, gestärkt aus der Situation in die Zukunft zu schauen.

 

Sie bleiben also Optimist?

Ja, das Glas ist immer halb voll! Die Nachfrage nach unseren Erschließungsgebieten für Wohnraum und Gewerbegebiete in Barleben ist groß. Wir gehen davon aus, dass die Gemeinde mittelfristig um bis zu 1.500 Personen wachsen kann und hoffentlich wird. Ich sehe uns für die Zukunft gut aufgestellt.

Zur Website der Gemeinde Barleben:

www.barleben.de

Das könnte Sie auch interessieren